Experte: Kompetenzstreit behindert Internet ohne Barrieren

Insbesondere einige Bundesländer und Kommunen seien bei der Umsetzung einer neuen UN-Konvention für Menschen mit Behinderung zögerlich, kritisierte Artur Ortega anlässlich des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung.

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Von
  • dpa

Ein Kompetenzstreit zwischen Bund, Länder und Kommunen zur Barrierefreiheit im Internet verhindert nach Ansicht des blinden Diplom-Informatikers Artur Ortega, dass öffentliche Webangebote in Deutschland von Behinderten umfassend genutzt werden können. Insbesondere einige Bundesländer und Kommunen seien bei der Umsetzung einer neuen UN-Konvention für Menschen mit Behinderung zögerlich, sagte Ortega in einem Gespräch mit dpa anlässlich des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung.

"Ich gehe davon aus, dass die neue UN-Konvention diesen Kompetenzstreit durchbricht. Menschenrechte hören ja auch nicht auf Bundesebene auf", sagte Ortega, der beim Internet-Konzern Yahoo in London als "Accessibility Evangelist" und Software-Entwickler arbeitet.

Seit dem Jahr 1992 protestieren behinderte Menschen in Europa alljährlich am 5. Mai mit Demonstrationen, Aktionen, und Fachveranstaltungen gegen Diskriminierungen und Benachteiligungen. In diesem Jahr ist der Schwerpunkt des Protesttages die Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die am 13. Dezember 2006 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde.

Der Experte verwies darauf, dass Menschen mit Behinderungen eine wichtige Benutzergruppe im Internet seien. "Sie nutzen das Web selbstständig und überdurchschnittlich." Aber auch die älteren Web-Anwender, eine weitere überdurchschnittliche steigende Benutzergruppe des Internets, profitiere von den vier Grundprinzipien eines barrierenfreien Webs, nämlich "Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit".

Die UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen ist in Deutschland seit dem 26. März 2009 rechtsverbindlich. Die Vertragsstaaten haben sich darin unter anderem dazu verpflichtet, Mindeststandards und Leitlinien zur Zugänglichkeit von öffentlichen Einrichtungen und Diensten zu erarbeiten und deren Einhaltung zu überwachen. Außerdem sollen auch private Anbieter verpflichtet werden, die Barrierefreiheit zu berücksichtigen. Darunter fällt auch der barrierefreie Zugang zum Internet.

Moderne Internettechniken wie Ajax stünden einem barrierefreien Web nicht im Weg, betonte Ortega. "Bei Yahoo sind beispielsweise die Suchwortvorschläge, die bei der Eingabe von einem Suchbegriff angezeigt werden, auch mit der Sprachausgabe auswählbar. Das haben wir mit Ajax realisiert." (dpa) / (jk)