Experte zur Atommüllendlager-Suche: Schweiz hat wissenschaftlich entschieden

BASE-Präsident Wolfram König geht davon aus, dass der Schweizer Vorschlag für ein Atommüll-Endlager hauptsächlich auf wissenschaftlichen Kriterien beruht.

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So könnte das Atommüll-Endlager der Schweiz aussehen.

(Bild: Nagra)

Lesezeit: 4 Min.

Nachdem in der Schweiz eine Entscheidung über den Standort eines Atommüll-Endlagers gefallen ist, sei Transparenz im weiteren Verfahren sehr wichtig. Das unterstreicht Wolfram König, Präsident des deutschen Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. In Deutschland würden die Entscheidung intensiv geprüft und die Ergebnisse zur Diskussion gestellt. Ein solcher Prozess schaffe Vertrauen. Das BASE werde am 22. September dazu in Waldshut eine Informationsveranstaltung abhalten.

Waldshut liegt nahe der Schweizer Grenze und dem geplanten Atommüll-Endlager Nördlich-Lägern, für den sich die Schweizer Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) jetzt entschieden hat. König geht davon aus, dass die Entscheidung vor allem auf wissenschaftlichen Grundlagen gefallen sei und die Menschen so "mitgenommen" werden könnten. Am Ende liege die Verantwortung bei der Politik, deshalb seien Standortentscheidungen auch immer politisch. Wichtig sei vor allem, dass diese nach wissenschaftlichen Kriterien gefällt würden. Hier seien in der Vergangenheit Fehler begangen worden.

Welche Fehler das sind, sagte König in dem Interview mit den Deutschlandfunk nicht. Vermutlich meint er die Vorgänge um das 1977 von dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht ursprünglich als Endlager-Standort ausgewählte Gorleben. Damals kam es zu umfangreichen Protesten in der Bevölkerung, 2020 wurde Gorleben als mögliches künftiges Atommüll-Endlager ausgeschlossen.

Die nun in der Schweiz gefällte Entscheidung mochte König noch nicht beurteilen, zunächst müssten die konkreten Daten vorliegen. Deutschland begleite schon seit einiger Zeit die Endlagersuche in der Schweiz, jetzt folge ein komplexes und langwieriges Verfahren. Es werde damit gerechnet, dass in Nördlich Lägern etwa ab 2060 hochradioaktive Abfälle eingelagert werden.

Wenn solche Stoffe unkontrolliert freigesetzt würden, könnten auch deutsche Kommunen betroffen sein, sagte König. Solche großen Gefahren machten nicht Halt vor Grenzen. Daher sollten die Interessen der deutschen Nachbarn auch berücksichtigt werden. Ebenso gehe es in den kommenden Verhandlungen um Entschädigungszahlen auch für deutsche Gemeinden.

Wichtig ist für König dabei auch, dass die Schweiz in ihrem Entscheidungsprozess vorangekommen ist. Eingrenzung führe dazu, dass konkrete Diskussionen möglich seien, das sei wichtig. Deutschland sei im Auswahlverfahren langsamer als die Schweiz, in der nächsten Phase gehe es darum, sehr zügig zu konkreten Regionen zu kommen, sagte König. Die Bundesrepublik habe sich vor 50 Jahren für den Einstieg in die Atomkraft entschieden, ohne die Frage der Entsorgung geklärt zu haben. Mit dem Ausstieg aus der Atomkraft, der laut Gesetz für Ende dieses Jahres geplant ist, sei das Kapitel längst noch nicht geschlossen.

Auch falls das BASE davon überzeugt werde, Nördlich Lägern sei ein guter Standort, schloss König aus, dort könne auch deutscher Atommüll entsorgt werden. Es sei bundesgesetzlich verankert, dass Deutschland seine atomaren Abfälle selbst entsorgt. Deutschland habe im Gegensatz zur Schweiz den Vorteil, verschiedene geologische Formationen aufbieten zu können, die für ein Endlager in Frage kommen. Die Schweiz habe sich für Tongestein entschieden, in Deutschland gebe es daneben noch Salz und kristallines Gestein. Bisher kommen in Deutschlang ungefähr 54 Prozent des gesamten Gebiets für ein Atommüllendlager in Frage.

In Nördlich Lägern soll der Atommüll in Opalinuston eingelagert werden. "Das unscheinbare Gestein ist 175 Millionen Jahre alt und wurde von der Nagra genau untersucht. Die Kenntnis der gesamten Geschichte dieses Gesteins über die letzten 175 Millionen Jahre erlaubt robuste Prognosen, auch in die ferne Zukunft", teilte die Nagra mit. Die Gesellschaft will am 17. September in Stadel nahe dem vorgeschlagenen Endlager-Standort einen Infopavillon eröffnen.

König sagte während des Interviews, entgegen der Darstellung in der Wikipedia sei er nicht Mitglied der Grünen. Die Wikipedia-Community reagierte umgehend und entfernte in dem Eintrag zu König die entsprechende Passage.

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(anw)