Experten: Wachstum im DSL-Geschäft nur noch durch Übernahmen

Das Wachstum im DSL-Geschäft schwächt sich ab, Experten rechnen mit einer Sättigung des Marktes bis 2012. Die Branche rückt zusammen, mit weiteren Übernahmen ist zu rechnen.

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Von
  • Annika Graf
  • dpa

Harte Zeiten für die deutschen Telekommunikationsanbieter: Seit Jahren kämpfen sie mit sinkenden Umsätzen sowohl beim Festnetz als auch beim Mobilfunk. Die Verbreitung von Flatrate-Angeboten schränkt die Erträge und den Handlungsspielraum ein. Wachstum ist nach Meinung von Experten fast nur noch durch Zusammenschlüsse und Übernahmen möglich. Ganz besonders gilt das für den deutschen DSL-Markt, wie eine aktuelle Studie der Privatbank Sal. Oppenheim und der Unternehmensberatung OC&C zeigt.

Dass sich auf dem deutschen Breitbandmarkt etwas tun muss, liegt auf der Hand: Die Zahl der Kunden, die sich zum ersten Mal für einen DSL-Anschluss entscheiden, sinkt beständig. Sie werden mit Flatrate-Paketen zu immer niedrigeren Preisen geworben. Zudem treten vermehrt Mobilfunkanbieter mit immer schnelleren und stabileren mobilen Breitbandverbindungen auf den Plan. Spätestens 2012 dürfte der Markt gesättigt sein, erwarten die Autoren der Studie.

In Deutschland teilen derzeit drei Anbieter drei Viertel der DSL-Kunden unter sich auf: Deutsche Telekom, United Internet und Vodafone/Arcor. Noch einmal dreizehn Prozent halten die Telecom-Italia-Tochter Hansenet und die Düsseldorfer Versatel. Mit dem Rest müssen sich Stadtnetzbetreiber und die Kabelnetzbetreiber begnügen.

Neben den Experten von Sal. Oppenheim und OC&C sehen auch andere Branchenkenner die Notwendigkeit für neue Zusammenschlüsse: "Die Finanzierungshähne sind nicht mehr so offen, deshalb müssen die Unternehmen versuchen, ihre Kräfte zu bündeln", sagt Roman Friedrich von der Unternehmensberatung Booz & Co. "Viele kleinere Unternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand. Sie können notwendige Investitionen derzeit nicht stemmen."

Seit gut zwei Jahren wartet die Branche auf eine Stärkung des DSL-Markts – doch bislang ist nur wenig passiert. Einzig der Internetdienstleister Freenet verkaufte im Mai seine DSL-Sparte an United Internet. Andere als Übernahmekandidaten gehandelte Unternehmen wie der Hansenet/Alice warten noch auf einen Käufer. Nach Expertenmeinung ist die Bereitschaft der Banken, Risiken einzugehen, in der Finanzkrise weiter gesunken.

Doch ein Zusammenschluss von zwei Wettbewerbern brächte nicht nur Entspannung für den Markt: Die Unternehmen könnten sich Kosten und Investitionen teilen und so ihren Gewinn verbessern. Im europäischen Vergleich schneiden die deutschen Unternehmen, was ihre Profitabilität angeht, bislang immer noch schlecht ab – das liegt nicht zuletzt daran, dass beispielsweise in Frankreich eine Konsolidierung längst stattgefunden hat.

Dabei gibt es nach Meinung der Experten durchaus realistische Szenarien für Übernahmen: Sie halten vor allem den finanzstarken spanischen Telekom-Konzern Telefónica für einen möglichen Käufer. Auch United Internet (UI) könnte noch einmal aktiv werden. Für das Unternehmen wäre der Kauf eines kleineren Betreibers wie etwa die Düsseldorfer Versatel nach Meinung von Branchenkennern sinnvoll. UI-Chef Ralph Dommermuth hatte sich allerdings zurückhaltend geäußert.

Ein anderes Szenario wäre wegen der wachsenden Bedeutung mobiler Breitbandanschlüsse eine neue Annäherung an Freenet. Angesichts von Freenets Schuldenberg sei das aber erst 2011 oder 2012 wahrscheinlich.

Näher liegt doch die Übernahme von Hansenet durch die Telefónica, die in Deutschland mit O2 vertreten ist. Dass die Spanier die Telecom-Italia-Tochter kaufen werden, gilt bereits als ausgemacht. Sie wollen jüngsten Äußerungen zufolge noch in diesem Jahr über den Kauf des deutschen Festnetzanbieters Hansenet entscheiden, allerdings gebe es noch Uneinigkeit über den Preis. Den schätzt Sal.-Oppenheim- Analyst Frank Rothauge auf knapp eine Milliarde Euro.

Sollte Telefónica bei Hansenet nicht zum Zuge kommen, halten die Experten die Konzentration auf den Mobilfunk mit einem Zusammenschluss mit E-Plus genauso für denkbar wie einen kompletten Rückzug aus Deutschland.

(vbr)