FDP fordert "spürbare Konsequenzen" bei lahmer Verwaltungsdigitalisierung

Bürger sollen einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen erhalten, verlangt die FDP-Fraktion. Die Kräfte des E-Ausweises müssten entfesselt werden.

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(Bild: Stokkete/Shutterstock.com)

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Die Liberalen wollen bei der schleppenden Digitalisierung der Verwaltung Dampf machen. Um E-Government-Dienste bald flächendeckend zu etablieren, sollen Bürger einen "Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen" erhalten, schreibt die FDP-Bundestagsfraktion in einem heise online vorliegenden Positionspapier. Ein solcher erhöhe "den Verbindlichkeitsgrad gegenüber den umsetzenden Akteuren und ist transparent". Würden staatliche Stellen dem nicht gerecht, sollen sie "mit spürbaren Konsequenzen rechnen müssen".

Konkrete Sanktionen bringen die Freidemokraten nicht ins Spiel. Sie betonen aber, mit einem solchen Modell "klare Bedingungen und einen wirkungsvollen Anreiz" schaffen zu wollen, "Leistungen auf einem hohen Reifegrad zu entwickeln". Dafür will die Regierungsfraktion auch Fristen mit der geplanten Reform des 2017 verabschiedeten Online-Zugangsgesetzes (OZG) schaffen: Bis 2025 sollten bereits priorisierte Leistungen wie Ummeldung, Führerschein, Elterngeld oder Baugenehmigung dem gesetzlich vorgesehenen "Reifegrad 2" entsprechen. Sie wären also online beantragbar, Nachweise müssten gegebenenfalls aber noch analog eingereicht werden. Bis 2027 soll diese Hürde auch noch wegfallen und Reifegrad 3 erreicht werden.

Eigentlich sah schon das bestehende OZG vor, dass 575 Leistungsbündel rund ums E-Government bis Ende 2022 flächendeckend online bereitgestellt werden. Daraus wurden letztlich nur 33. Die Bundesregierung arbeitet daher an einem OZG 2.0, wobei die Länder und die Wirtschaft Druck machen. Angesichts der schlechten Erfahrungen will das federführende Bundesinnenministerium auf "Nachfristen" verzichten, um die Daueraufgabe der Bereitstellung eines elektronischen Zugangs Verwaltungsleistungen nicht zu konterkarieren. Die FDP sieht einen mit Zeitvorgaben unterfütterten Rechtsanspruch dagegen als "OZG-Booster".

Im Schulterschluss mit den Ländern soll ein geeignetes Finanzierungsmodell aufgesetzt werden. Die Kritik vom Bundesrechnungshof müsse dazu führen, die Koordination zu verbessern. "Die wesentlichen Fortschrittshemmnisse beim OZG sind vor allem fehlende Datenstandards und mangelhafte Interoperabilität", heißt es in dem 10-Punkte-Plan weiter. Hier müssten verbindliche Vorgaben in den Kommunen und den Ländern eingeführt werden.

"Medienbruchfreier Zugang und Abwicklung sind unerlässlich für die künftige Volldigitalisierung der Verwaltung", ist dem Papier zu entnehmen. Bislang hätten sich die Entwicklungen auf "Front-End-Digitalisierung" konzentriert, Prozesse im Hintergrund seien "weitestgehend vernachlässigt" worden. Angebote gingen daher über das Bereitstellen von PDFs im Web oft nicht hinaus. Die Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürgern müsse aber "vollends elektronisch erfolgen", um Blockaden zu vermeiden. Anträge sollten direkt digital gestellt, Genehmigungen online eingeholt werden können.

Auch die Selbstverwaltung der Gemeinden bremse, moniert die FDP, "da jede Kommune die Fachverfahren selbst mit jeweiliger Software gestaltet". Im Rahmen der OZG-Novelle sollte daher kritisch analysiert werden, welche Verwaltungsdienstleistungen wie eine bundeseinheitliche Kfz-Zulassung oder Geburtsanzeige in der föderalen Struktur zentral angeboten werden könnten. Entpuppten sich individuelle, dezentrale Lösungen als sinnvoller, sollten sie über standardisierte Schnittstellen miteinander kommunizieren können.

Die Liberalen wollen zudem die Option prüfen lassen, Software als Open Source zu entwickeln. So könnte es schneller gelingen, Unternehmen aus der freien Wirtschaft und der Verwaltung zu koppeln. Gleichzeitig werde so die staatliche Souveränität gestärkt. Große Abhängigkeiten von einzelnen IT-Dienstleistern müssten vermieden werden.

"Im Sinne einer bürgerorientierten und ganzheitlichen Verwaltungsdigitalisierung" gilt es dem Papier zufolge, "die Kräfte des elektronischen Personalausweises schnellstmöglich freizusetzen". Für ein erfolgreiches neues OZG seien digitale Identitäten unabdingbar. Barrieren bei der Nutzung der elektronischen Identifizierungsfunktion (eID) im Ausweis sollten abgebaut werden. Ebenso müssten "simple, intuitive und einfach nutzbare" Authentifizierungsmethoden wie das Zwei-Faktor-Verfahren integriert werden, etwa mithilfe von Smartphone-Sicherheitsfunktionen. Wichtig sei auch, dass "eine anwendungsfreundliche und qualifizierte elektronische Signatur für alle" ohne "prozessuale oder monetäre Hürden" zur Verfügung stehe.

Die augenscheinliche Leistungsschwäche des Staates führe zu Verdruss und Vertrauensverlust bei der Bevölkerung, heißt es. Teilbereiche des OZG 2.0 wie Postfächer oder Nutzerkonten müssten daher mit einem Fertigstellungs-Stichtag versehen werden. Er wünsche sich von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) "mehr Elan und ambitioniertere Ziele bei der Verwaltungsdigitalisierung", erklärte der digitalpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Maximilian Funke-Kaiser.

(mki)