Fake News vom Nahostkonflikt: Nicht alle Videos und Bilder sind echt

Es gibt schreckliche Bilder von den aktuellen Geschehnissen im Nahostkonflikt. Doch manche sind fake oder veraltet.

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(Bild: charles taylor / Shutterstock.com)

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Es gibt zahlreiches Bildmaterial von der aktuellen Eskalation des Nahostkonflikts, auf dem schreckliche Szenen zu sehen sind. Doch nicht alle Bilder und Videos, die derzeit geteilt werden, sind tatsächlich echt. Manche sind alt, fake, andere stammen sogar aus einem Videospiel.

Echt ist ein Video, das in den sozialen Netzwerken zu finden ist, dem eine Mutter verzweifelt um Hilfe bittet. Sie hat ihre Tochter auf einem Anhänger liegend in einem Video erkannt, das von der Hamas geteilt wurde. Das Mädchen heißt Shani Louk, sie ist Deutsche und lebt in Tel Aviv. Die Videos sind echt und aktuell. Ein anderes Bild zeigt die 22-Jährige beim Tanzen. Ebenfalls in den sozialen Netzwerken gibt es Menschen, die behaupten, sie tanze und freue sich über die Angriffe. Das ist nicht wahr. Die Tanzbilder sind schlicht alt und von ihrem Instagram-Account geklaut.

Eva Wackenreuther, Faktencheckerin bei der Nachrichtenagentur AFP, hat auf X eine Liste eingerichtet, in der sie Fake-Videos zu den aktuellen Geschehnissen sammelt. Sie schreibt dazu: "Breaking-News-Situationen sind immer auch Situationen, in denen besonders viele Falschinformationen kursieren."

In der Liste taucht etwa ein Video auf, in dem angeblich ein israelischer Offizier sprechen soll. Wackenreuther schreibt, es handele sich allerdings um einen palästinensischen Komiker. Ein anderes Video zeigt Militärflugzeuge, die transportiert werden. Dazu heißt es, aus Angst vor der Hamas werde ein Luftwaffenstützpunkt evakuiert. Auch das stimmt nicht, das Video ist alt und steht in keinem Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen.

Das Video eines Schusswechsels stammt aus Mexiko, ein anderes Video zeigt den Abschuss eines Hubschraubers – es stammt aus dem Videospiel Arma3. Die Militärsimulation ist schon häufiger für Propaganda missbraucht worden, beispielsweise vom russischen Fernsehen, um vermeintlich Bilder aus Syrien zu zeigen. Die Entwickler von Arma3 haben bereits Tipps gegeben, wie man Videos erkennen kann, die aus Spielen stammen. Dazu gehören etwa verpixelte Bereiche am Rand, sehr schlechte Aufnahmen, dunkle Bilder, meist sind keine Menschen darauf zu sehen, weil die Bewegungsabläufe von Figuren aus Computerspielen noch zu unrealistisch sind.

"Aus vielen Gründen ist es der bisher schwierigste Fall, eine Krise zu dokumentieren", schreibt ein X-Nutzer namens Intel Crab. Er nutzt OSINT, das steht für "Open Source Intelligence" und ist eine Methode zur Recherche – unter anderem, um Fakes und Propaganda zu entlarven. Intel Crab schreibt, die Tatsache, dass der "blaue Haken" auf X nicht mehr für einen geprüften Account, sondern nur noch für ein bezahltes Abo steht, erschwere die Lage. Zahlende Nutzer würden bevorzugt angezeigt, es gibt Leselimits, viele Medien und Menschen, die vor Ort sind, verschwinden in den Timelines. Gerade hat Musk eine Funktion angekündigt, mit der man Antworten auf zahlende Nutzer beschränken kann. Außerdem: "Fremdenfeindliche Idioten werden durch den CEO der Plattform noch hervorgehoben."

Musk hatte Quellen in einem Beitrag beworben, von denen er meinte, dort könne man den Krieg in Echtzeit verfolgen – es waren Konten, die bereits mit Falschmeldungen zu anderen Themen auffielen. Schlagzeilen und Klicks sorgen für Werbeeinnahmen, das sind oftmals die Absichten hinter fragwürdigen Portalen, wenn es sich nicht um absichtlich gestreute Propaganda handelt. Der X-Beitrag von Musk ist kurz nach Erscheinen wieder verschwunden.

Nachdem Russland die Ukraine überfallen hatte, gab es Bilder von einer Tochka-U-Rakete, die einen Bahnhof in der Ukraine traf und dort Zivilisten tötete. Russland behauptete, nur die Ukraine setze diese Art von Raketen ein. Kurz darauf veröffentlichte das Recherchekollektiv Bellingcat Bilder, auf denen zu sehen ist, dass die russische Armee sehr wohl im Besitz von Tochka-U-Raketen war. Sie hatten diese bei einer Parade präsentiert. Solche Abgleiche zu machen, fällt unter den Begriff OSINT.

Der Fernsehturm in Kairo soll während der aktuellen Geschehnissen in Nahost mit der palästinensischen Flagge beleuchtet worden sein. Auch hier bedarf es der Schwarmintelligenz, um herauszufinden, dass das Bild alt ist, die Beleuchtung ein Fake. Solche Bilder zu erstellen, ist dank KI und ein bisschen Fotokenntnissen inzwischen ein Leichtes geworden. Und nicht jeder Fall, der für Propaganda genutzt werden kann, ist von den Anbietern der Bildgeneratoren auszuschließen.

(emw)