Musk verbreitet Desinformation über US-Wahlen auf X

Im Trump-Stil stellt X-Eigentümer Musk die Legitimität der US-Wahlen in Frage. Das Biden-Lager findet das "unverantwortlich". Auch die SPD-Spitze macht Druck.

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(Bild: Angga Budhiyanto/Shutterstock.com)

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Elon Musk wandelt als Eigentümer und eifriger Nutzer der Plattform X zunehmend auf den Spuren von Ex-US-Präsident Donald Trump, was die Regierungspartei der Demokraten sowie Bürgerrechtler und Wahlleiter in den Vereinigten Staaten auf den Plan ruft. Als Trump im Frühjahr 2020 – damals noch als Staatschef – auf Twitter warnte, dass der verstärkte Rückgriff auf die Briefwahl zu einer "manipulierten Wahl" führen würde, widerlegte der damalige Betreiber diese Behauptung rasch. "Informieren Sie sich über die Fakten zur Abstimmung per Post", hieß es in einem Zusatz zu dem Beitrag. Experten sähen hier keine besorgliche Verbindung mit Wahlbetrug. Als Musk, der Twitter inzwischen gekauft und in X umbenannt hat, nun ähnliche Aussagen im Trump-Stil verbreitete, gab es keine Faktenchecks.

Das ist prinzipiell wenig überraschend, denn Musk feuerte nach der Übernahme Twitters tausende Mitarbeiter. Der Milliardär setzt für die Überprüfung von Beiträgen nicht auf eigene Moderatoren, sondern auf "Community Notes". Dabei kommentieren Nutzer im Idealfall selbst andere Posts und sorgen gegebenenfalls für Richtigstellungen. Für Beiträge von Musk selbst gilt dies offensichtlich in der Regel nicht.

So konnte der bekennende Gegner von US-Präsident Joe Biden laut der New York Times am 10. Januar in einer Antwort auf einen Beitrag über den jüngsten Zustrom von Einwanderern ohne Papiere fälschlicherweise und unwidersprochen behaupten, dass "illegale Einwanderer nicht daran gehindert werden, an Bundeswahlen teilzunehmen". Ein paar Tage zuvor hätte Musk bereits angedeutet, dass Biden und die Demokraten in Migrationsfragen keine harte Linie verfolgten, weil "sie Wähler importieren" – eine Verschwörungstheorie über einen angeblichen "Bevölkerungsaustausch", die Trump etwa zur gleichen Zeit verbreitete. Ausländern sei es in den USA aber verboten, an Bundeswahlen teilzunehmen, klärt die Zeitung auf. Es drohten Gefängnis und Abschiebung. Fälle illegaler Stimmabgabe durch Nicht-Staatsbürger seien selten.

Der Twitter-Käufer äußerte auch allgemeinere Zweifel am US-Wahlsystem. Am 8. Januar schrieb er, dass Wähler in den Vereinigten Staaten "keinen von der Regierung ausgestellten Ausweis benötigen, um zu wählen, und dass sie ihren Stimmzettel per Post einsenden können. Das ist verrückt." Der Beitrag wurde über 59 Millionen Mal aufgerufen. Mehr als die Hälfte der Bundesstaaten verlangt von den Wählern laut der Times aber, dass sie beim Urnengang einen Ausweis vorlegen. In den meisten anderen sind zumindest Unterschriften, eidesstattliche Erklärungen oder die Angabe von Geburtsdaten nötig. Bundesrechtlich müssten sich Wähler bei der Registrierung einer Identitätsprüfung unterziehen.

"Es ist zutiefst unverantwortlich, falsche Informationen zu verbreiten und Misstrauen gegenüber dem Ablauf unserer Wahlen zu säen", kritisiert Julie Chávez Rodríguez, Wahlkampfmanagerin von Biden, die Äußerungen Musks gegenüber der Times. "Noch gefährlicher ist es, wenn sie vom Besitzer einer Social-Media-Plattform kommen." Maya Wiley, Chefin der Leadership Conference on Civil and Human Rights, befürchtet, dass Musks Verhalten einen Freifahrtschein auch für Desinformation etwa auf Facebook und YouTube ausstelle. "Es brodelt und er hält die Temperatur hoch", moniert Stephen Richer, Wahlprotokollant im Kreis Maricopa in Arizona. Solche Falschangaben "machen uns das Leben potenziell schwerer".

Nachdem das Auswärtige Amt gerade eine prorussische Desinformationskampagne auf X ausmachte, fordert auch SPD-Chefin Saskia Esken, den politischen Druck auf Musk zu erhöhen. Gleichzeitig müssten die für die Durchsetzung des Digital Services Act (DSA) erforderlichen behördlichen Strukturen nun zügig aufgebaut und vor allem kompetent besetzt werden. "Wir müssen unsere Demokratie und unsere offene Gesellschaft vor feindlichen Cyberangriffen autoritärer Staaten wie Russland schützen", betonte Esken gegenüber dem "Tagesspiegel". Die EU müsse auf Basis des DSA stärker gegen Desinformation im Internet vorgehen. Gegen X leitete die EU-Kommission bereits Mitte Dezember ein Verletzungsverfahren ein.

(bme)