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Fehlende Übertragungsmöglichkeit: Chat-Geiselnahme bei Signal

Der sichere Messenger Signal ist beliebt. Das böse Erwachen kommt, wenn man seine Chats exportieren will. Das Problem besteht seit Jahren.

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Ein Smartphone mit geöffneter Messaging-App in einer menschlichen Hand, auf dem Bildschirm ist verschwommen ein Chat zu sehen.

Verwendung von Signal: Auf iPhones geht das gut. Eigentlich.

(Bild: Tero Vesalainen/Shutterstock.com)

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Lesezeit: 3 Min.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich liebe Signal. Jedem, der mich fragt, was er denn tun kann, um das meiner Ansicht nach äußerst nervige WhatsApp von Meta zu verlassen, erzähle ich von dem coolen freien Messenger. Der hat keinen Konzern im Rücken und setzt sich noch so richtig für unsere Privatsphäre ein! Und tatsächlich ist es mir schon gelungen, diverse Leute zu konvertieren. Dann macht die Kommunikation richtig Spaß: Verschlüsselt, einfach bedienbar, wirklich toll. Bis sie es dann leider nicht mehr ist. Und davon handelt dieser Text.

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Das Internet ist voll von heißen IT-News und abgestandenem Pr0n. Dazwischen finden sich auch immer wieder Perlen, die zu schade sind für /dev/null.

Ich verwende Signal vor allem auf Apple-Geräten (mobil wie Desktop) plus Linux. Seit immerhin 2020 ist es möglich, komplette Chatverläufe zwischen zwei iPhones zu übertragen. Das ist praktisch, wenn man das Gerät einmal wechselt, vorher ging das gar nicht. Auf Android wiederum gibt es eine Backup-Funktion, die ähnliches erlaubt – plus die Möglichkeit, mit diesem Backup auf der Kommandozeile zu arbeiten. Doch auf dem iPhone ist ein Backup der Chatverläufe schlicht nicht vorgesehen. Es geht einfach nicht – und Signal macht bislang keine sichtbaren Anstalten, dies zu ändern.

In der Praxis bedeutet das für den iOS-Nutzer eine echte Absurdität: ein freier Messenger ohne Export. Auch für iPhone-Backups (selbst die mittlerweile sicheren lokalen) sind die Signal-Daten gesperrt. iPhone-Chats sind also auf dem Smartphone gefangen, ohne Möglichkeit, diese zu speichern oder weiterzuverwenden. Das mag zwar Gründe haben, augenscheinlich möchte Signal vermeiden, dass die Daten von böswilliger Seite abgegriffen werden können. Aber da müssten die Experten für Kommunikationsverschlüsselung dann doch eine Lösung finden, wie das auch "in sicher" geht? Nach all diesen Jahren? Es kann doch nicht sein, dass Signal bei Chats zu einem "Walled Garden" wie weiland Apple mutiert. Meine Chats auf dem iPhone sind die Geisel. Ich komme nicht mehr weg beziehungsweise an meine Daten, außer ich screenshotte (ja, richtig gehört!) alle meine Chats. WTF, Signal?

Ein zweites Problem betrifft die Nutzung der Desktop-App von Signal. Es gibt mittlerweile hervorragende Clients für macOS, Windows und Linux. Doch nutzt man den Desktop-Client und verbindet diesen mit seinem Smartphone-Account, ist dieser zunächst komplett leer. Nur ab der Installation füllt er sich mit den (mobilen) Chats. Das ist zunächst einmal sinnvoll, weil wir alle ja nicht wollen, dass Signal die Daten in der Cloud zwischenspeichert. Allerdings müsste es dann zumindest die Möglichkeit geben, Chatverläufe von einem Mobilgerät auf den Desktop zu übertragen. Und genau das funktioniert vom iPhone aus einfach nicht (Android: siehe oben).

Zwar schwirren seit längerem Berichte herum, Signal für iOS erhalte endlich eine Backup-Funktion. Doch das heißt noch nicht, dass man dieses dann plattformübergreifend nutzen könnte. Wer etwa seinen Rechner wechselt und diesen neu mit dem mobilen Client verbindet, verliert alle Chats. Man kann allein versuchen, die alten Verläufe aus dem Dateisystem zu extrahieren – möglicherweise nur mit bescheidenem Erfolg. Natürlich habe ich Signal gefragt, ob sich a) demnächst iPhone-Backups der Chatverläufe erstellen lassen und b) wann denn die Möglichkeit kommt, mobile Daten auf den Desktop zu übertragen. Geantwortet wurde mir – Sie ahnen es – bislang nicht.

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Mittlerweile hat sich die deutsche Pressestelle von Signal zurückgemeldet. Signal habe "das Problem erkannt" und arbeite aktuell an einer Backup-Funktion, hieß es. "Allerdings äußert sich Signal zu Features erst dann ausführlich, wenn sie fertig sind." Nicht beantwortet wurde Fragen nach dem Zeitplan und der konkreten Umsetzung – also ob es sich um ein reines Backup der Daten handelt oder man dieses dann auch vom iPhone in die Desktop-App für Windows, Mac und Linux übertragen kann, wenn man dies wünscht.

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(bsc)