Freifunk-Störerhaftung: Gericht bestätigt Urteil gegen "Raubkopier-Oma" ohne PC

Wegen illegalem Filesharing muss die Anschlussinhaberin einem Filmstudio 2000 Euro zahlen. Sie überwacht ihr freies WLAN nicht und kann keinen Täter benennen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 242 Kommentare lesen
Symbol für WLAN im Haus

(Bild: Devenorr/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Frank Schräer

Das Landgericht Köln hat die Verurteilung der Mutter eines Freifunk-Anbieters wegen "illegalen Filesharings" bestätigt. Dabei hat die Seniorin gar keinen Computer und verwendet den auf ihren Namen laufenden Internetzugang selbst gar nicht. Trotzdem muss sie Warner Bros. Entertainment Schadenersatz in Höhe von 2.000 Euro zahlen. Das Gericht stuft die computerlose Frau ausdrücklich als Täterin ein.

Dies berichtet die Berliner Rechtsanwältin Beate Hubrig, selbst Freifunkerin, in ihrem Blog. Letztes Jahr hatte das Amtsgericht Köln entschieden, dass die Raubkopier-Oma ohne PC für Filesharing haften muss, da Unbekannte über ihr Netzwerk urheberrechtlich geschützte Werke anbieten. Das Landgericht Köln hat das Urteil erster Instanz bestätigt (23. September 2021, Az. 14 S 10/20).

Die Seniorin selbst nutzt nach eigenen Beteuerungen lediglich den Festnetzanschluss, ist aber die Anschlussinhaberin einer Kölner Hausgemeinschaft und stellt Familie, Freunden und Besuchern den auf ihren Namen laufenden Internetzugang zur Verfügung. Auf dem Router ist Freifunk-Software installiert. Der Sohn der Beklagten betreibt über den Anschluss einen Freifunkknoten.

Deutsches Urheberrecht verbietet, urheberrechtlich geschützte Dateien ohne Lizenz zum Download bereitzustellen. Das Filmstudio hat den vermutlichen Anbieter über die IP-Adresse ausforschen lassen und dann die Anschlussinhaberin abgemahnt. Wie die Freifunk-Anwältin ausführt, wurde die alte Dame ausdrücklich als Täterin der Urheberrechtsverletzungen verurteilt.

Das Gericht unterstellt der Beklagten dabei, sie hätte Filesharing mit dem Rechner ihres Sohnes oder ihres Ehemannes betreiben können, obwohl die Klägerin so etwas gar nicht vorgebracht hat. In der Urteilsbegründung heißt es laut Anwältin außerdem, dass der Betrieb eines Freifunkknotens laut Gericht nicht als Gegenargument ausreicht, denn "auch der tatsächliche Zugriff durch Dritte" müsse vorgetragen werden.

Mit anderen Worten: Weil die Beklagte nicht gezeigt hat, dass Dritte ihren Anschluss genutzt haben, muss sie zahlen. Das Gericht argumentiert das unter Verweis auf die Haftungsprivilegierung des § 8 Telemediengesetzes (TMG) so: "Dass ein tatsächlicher Zugriff durch Dritte bzw. zumindest die Erreichbarkeit des Freifunkknotens von beliebigen Personen im öffentlichen Raum erforderlich ist, ergibt sich aus der Kontrollüberlegung, dass andernfalls die bloße Installation der Freifunk Firmware bereits die Haftungsprivilegierung des § 8 TMG begründet würde."

Die Mitte 2017 beschlossene Novelle des Telemediengesetzes sollte der Störerhaftung den Garaus bereiten. Demnach sollen Inhaber von Urheberrechten weder Schadenersatz noch Abmahngebühren von Hotspot-Anbietern verlangen können, selbst wenn über das drahtlose Zugangsnetz unerlaubt geschützte Werke verbreitet werden.

Nun aber hat sich laut Anwältin Hubrig Rechtsprechung etabliert, die den Anschlussinhaber "erst aus der Tätervermutung entlässt", wenn er einen Dritten als Ersatz benennen könne. Dies führe in der Praxis dazu, dass die Provider widerrechtlich "das Nutzerverhalten Dritter für den Fall einer Abmahnung überwachen" müssten. Der wahre Täter ist aber immer noch nicht gefunden.

(fds)