Twitter: US-Sonderermittler hat Trumps gelöschte Direktnachrichten erhalten

Nachdem sich Twitter länger gewehrt hatte, hat Musks Plattform Anfang des Jahres umfangreiche Daten zu Donald Trumps Account an einen Sonderermittler gegeben.

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Trumps Umriss vor dem alten Twitter-Logo

(Bild: kovop58/Shutterstock.com)

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Der US-Sonderermittler zur Untersuchung der Rolle von Donald Trump beim Angriff aufs Kapitol hat von Twitter zahlreiche Informationen zum Account des Ex-Präsidenten erhalten, darunter sogar Direktnachrichten, gelöschte Direktnachrichten, Entwürfe für Tweets und Standortdaten. Das geht aus jetzt veröffentlichten Gerichtsdokumenten hervor, die deutlich machen, wie das Gericht auf Verspätung bei der Herausgabe reagiert hat. Besonders heftig hat die zuständige US-Bundesrichterin demnach Anfang Februar kritisiert, dass Twitter Trump vorab über die Aufforderung zur Herausgabe informieren wollte, trotz der expliziten Warnung, dass das der Ermittlung immens schaden könnte.

Dass das Team von Sonderermittler Jack Smith Twitter (inzwischen X) Anfang des Jahres aufgefordert hat, Daten mit Bezug zu Trumps Account @realDonaldTrump herauszugeben, war vergangene Woche bekannt geworden. Weil Twitter Fristen hatte verstreichen lassen, waren 350.000 US-Dollar Bußgeld verhängt worden. Aus den jetzt publik gemachten Mitschriften der Gerichtsverhandlungen von Anfang Februar geht nicht nur hervor, welche Informationen Twitter weitergegeben hat, sondern auch, mit welch starken Worten das Gericht die Motivation der damals bereits von Elon Musk kontrollierten Plattform infrage gestellt hat: So fragte die Richterin an einer Stelle, ob Twitters juristische Gegenwehr damit zu tun habe, dass "der neue CEO mit dem ehemaligen Präsidenten kuscheln will".

Weitergegeben hat Twitter demnach außer allen Direktnachrichten – die Wiederherstellung der gelöschten Nachrichten ist demnach nach viel Arbeit nachts um 2 Uhr gelungen – alle Tweets, die von dem Account gesendet, geliked, geteilt und auch nur erstellt (aber nicht veröffentlicht) wurden. Außerdem verfügt der Sonderermittler demnach über eine Liste aller Suchbegriffe, nach denen von dem Account aus gesucht wurde, die Standortdaten von Oktober 2020 bis zur Sperrung im Januar 2021, die damit verbundenen IP-Adressen und eine Liste der Geräte, von denen aus auf den Account zugegriffen wurde. Es geht um die Monate vor der Accountsperrung. Über die Inhalte ist aber bislang nichts bekannt.

Die New York Times erinnert nun daran, dass Trump dafür berühmt ist, bei schriftlicher Kommunikation sehr vorsichtig zu sein. Möglich scheint jetzt, dass er ausgerechnet auf Twitter weniger Vorsicht hat walten lassen, obwohl die Nachrichten dort nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt und damit für Twitter einsehbar sind. Dass die Plattform sogar vermeintlich gelöschte Nachrichten wiederherstellen konnte, unterstreicht jetzt, dass es sich nicht um einen sicheren Kommunikationsweg handelt. Trump selbst hat den Durchsuchungsbeschluss demnach kritisiert und gefragt, was der Sonderermittler finden könnte, "das nicht längst bekannt ist".

Twitter war für Trump vor und während seiner Präsidentschaft einer der wichtigsten Kanäle zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Nach der Erstürmung des Kapitols durch Trump-Anhänger wenige Tage vor der Amtsübergabe an Joe Biden war der Account gesperrt worden. Wenige Tage, nachdem Elon Musk Twitter vergangenen Herbst übernommen hatte, wurde der Account wieder freigeschaltet. Trump hat ihn aber bislang nicht in Betrieb genommen. Smith wurde im November vom US-Justizministerium beauftragt, Trumps Rolle beim Angriff aufs Kapitol zu untersuchen. Am 1. August wurde der Ex-Präsident jetzt in vier Punkten angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, dass er seine Abwahl nicht habe akzeptieren und das Wahlergebnis habe kippen wollen.

(mho)