Funkgeräte-Panne bei Bundeswehr: Pistorius will "heilen, was zu heilen ist"​

Mit einem milliardenschweren Projekt sollen Zehntausende Fahrzeuge der Bundeswehr mit digitalen Funkgeräten ausgerüstet werden. Der Einbau klappt aber nicht.​

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(Bild: Superstar / Shutterstock)

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Das milliardenschwere Prestigeprojekt der Bundeswehr zur "Digitalisierung landbasierter Operationen" (D-LBO), bei dem es vor allem um den Kauf neuer Funkgeräte geht, hat frühzeitig einen schweren Rückschlag erlitten. 1,35 Milliarden Euro gab der Haushaltsausschuss des Bundestags im Dezember für die Beschaffung von zunächst 20.000 Funkgeräten frei. Zehntausende Fahrzeuge vom Panzer über Lkws bis zum Geländewagen sollen damit nach und nach ausgerüstet werden. Der beauftragte Hersteller Rohde & Schwarz hat Berichten zufolge die ersten rund 400 Geräte ausgeliefert. Sie können bislang aber gar nicht eingebaut werden und sind deswegen zunächst ins Depot gewandert.

Es gehe etwa um Probleme mit Adapterplatten, zu geringe Batteriekapazitäten und zu kleine Kühl- sowie Lichtmaschinen, schrieb die "Welt" am Wochenende. Offenbar habe sich bei den zuständigen Abteilungen des Verteidigungsministeriums und des nachgeordneten Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung niemand rechtzeitig um die Frage der Montage gekümmert. "Der erforderliche Aufwand für die Muster- und Serienintegrationen in die Fahrzeuge ist erheblich und kann nur im Zusammenwirken mit der wehrtechnischen Industrie erfolgen", erläuterte ein Sprecher von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Die Abstimmungen dazu liefen, einen Zeitplan für die Integration gebe es bislang aber nicht.

Oberstleutnant Mitko Müller sprach von einer "herausfordernden Aufgabe": "Wir reden hierbei von über 25.000 Fahrzeugen in circa 350 Fahrzeugklassen." Es gehe jeweils um die richtige Anpassung. Aus Kreisen der Fahrzeughersteller ist laut dem Blog "Augen geradeaus" zu vernehmen, es sei erstaunlich, dass sie erst recht spät in diesem Sommer aufgefordert worden seien, ein Angebot für den Einbau und die Integration der Funkgeräte zu machen. Offensichtlich habe im Beschaffungsamt der Bundeswehr die Abstimmung zwischen den Zuständigen für Funk und Fahrzeuge nicht geklappt. Schlimmstenfalls werde nach Vergabeverfahren und Vertragsverhandlungen der Auftrag erst Ende kommenden Jahres erteilt.

Es seien keinesfalls die falschen Funkgeräte angeschafft worden, betonte Pistorius auf einer Reise ins Baltikum am Montag zunächst. Wenig später zeigte er sich laut Süddeutscher Zeitung und ARD in größerem Maße verärgert: Der Auftrag sei im Dezember erteilt worden, also noch vor seiner Zeit an der Spitze des Ressorts. Er sei davon ausgegangen, dass man sich vor der Bestellung Gedanken mache, wie der Einbau funktioniere: "Dass das nicht passiert ist oder nicht ausreichend, das klären wir jetzt auf – und versuchen zu heilen, was zu heilen ist." Mehr Schaden als eine Verspätung sei aktuell aber nicht zu erwarten.

Schon Ende 2018 warnten die Autoren eines Berichts des Verteidigungsministeriums zu Rüstungsangelegenheiten aber, dass "die großen Herausforderungen und Risiken von D-LBO" in der zeitgerechten "Integration in die unterschiedlichen Plattformen" lägen. Im März 2022 mahnte die Cyber-Abteilung im Wehrressort zudem erneut eine schnelle Musterintegration der neuen Funkgeräte in die unterschiedlichen Fahrzeugtypen an. Die Auswirkungen des Schluderns könnten massiv sein. Schlimmstenfalls steht damit die Funktionsfähigkeit der Heeresdivision mit drei Brigaden und 15.000 Soldaten auf dem Spiel, die Deutschland der NATO ab 2025 zugesagt hat.

Dafür müssten rund 10.000 Fahrzeuge mit einer digitalen Anfangsbefähigung ("D-LBO basic") verfügbar sein. Mit dem Sondervermögen Bundeswehr sollen ferner spezielle Einkanalfunkgeräte des Typs PRC-117G beschafft werden. Sie erlauben etwa eine verschlüsselte Kommunikation mit US-Satelliten und Luftfahrzeugen, was für die NATO-Division entscheidend ist.

(mki)