Geschenktes Mittelformat und ein Geisterobjektiv – die Fotonews der Woche 4/2024

Wer besonders gute Fotos macht, bekommt vielleicht eine Fuji mit 102 Megapixeln geschenkt. Und ein Supertele von OM Systems ist irgendwie auf Amazon entfleucht.

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Die GFX 100 II ist der neue Hauptpreis des WPA.

(Bild: Fujifilm)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Nico Ernst
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Spätestens seit angeblich ein Applemitarbeiter den Prototypen eines neuen iPhones in einer Bar liegen ließ, ist die Frage bei Leaks, ob sie nicht Versehen, sondern Absicht der Marketingabteilung eines Unternehmens sind. Denn: Keine andere PR-Maßnahme ist billiger.

Manchmal wirken im Gewirr moderner Digitalsysteme aber so manche Pannen in der Geheimhaltung dennoch glaubwürdig, so wie in dieser Woche bei OM System, früher als Olympus bekannt. Deren neues Objektiv M.Zuiko Digital ED 150-600mm f/5.0-6.3 tauchte wie ein Geist kurzfristig auf den kanadischen Seiten von Amazon auf, die dort genannten Daten und Bilder hat Photorumours festgehalten.

Es handelt sich demnach um eines der typischen Superteles mit Wetterschutz, wie man sie vorwiegend für Natur- und Tierfotografie brauchen kann. Angesichts der geringen Konkurrenz an MFT-Objektiven mit diesen Daten geht der bei Amazon genannte Preis von gut 3.000 kanadischen Dollar, umgerechnet plus Steuern etwa 2.700 Euro, in Ordnung. Dass OM System ausgerechnet jetzt diese Informationen wohl irgendwie abhanden kamen, hat einen realen Hintergrund abseits von Gerüchteküchen.

Denn für den 30. Januar 2024 hat das Unternehmen schon seinen "Tech Day" samt Livestream angekündigt. Nur eben die Produkte nicht, die da gezeigt werden sollen. Und nur wegen eines Objektivs, wenn auch eines besonderen, macht man eine solche Veranstaltung nicht. Eher wegen einer neuen Flaggschiff-Kamera, die – und da sind wir dann doch bei einem Gerücht – OM-1 II heißen könnte. Die technischen Daten, die hier und da kolportiert werden, sind jedoch noch unklar.

Das, und ein geheimnisvolles Event von Nikon in den kommenden Tagen, erklären auch, warum die CES in diesem Jahr für Fotografen so furchtbar unspannend war. Die Fotobranche setzt anscheinend mehr auf eigene Events. Apple, das seine Produkte immer selbst vorstellt, und Messen seit Langem völlig ignoriert, lässt schön grüßen. Da die Fotowelt aber fest in japanischer Hand ist, gelingt das hier nicht so ganz, denn schon Ende Februar steht die Messe CP+ in Yokohama an. Vielleicht ist das ja der Termin für Canons R1, die wir in der letzten Ausgabe dieser Kolumne beschrieben hatten.

Deutlich konkreter sind da die Dinge, die man tatsächlich kaufen kann, etwa das neue Nokton von Voigtländer. Das ist ein 28mm/f1.5-Objektiv für das M-Bajonett, wie es unter anderem viele Leicas einsetzen, und wenn dieser Name ins Spiel kommt, ist klar: Liebhaberei ist angesagt. Anders ist auch nicht zu erklären, dass ein "Fokussierstab" mitgliefert wird, jedenfalls, wenn man die Variante in Messing bestellt. Die kostet 1150 Euro, das Modell in Alu ist 100 Euro günstiger.

Und die GFX 100 II von Fujifilm kann man schon seit Herbst 2023 kaufen. Wer die 8000 Euro dafür nicht ausgeben will, kann auch seine vorhandene Kamera nehmen und sich am World Press Photo Contest beteiligen. Oder konnte, denn die Frist für Einreichungen ist verstrichen. Die Fuji, plus zwei Objektive, Akkus und Ladegerät ist nun also ein Zusatzpreis des renommiertesten Wettbewerbs für Pressefotos. Und da wir diese Kolumne schon mit Marketing begonnen haben: Das ist natürlich auch Marketing. Fuji will seinen Mittelformatklotz eben unbedingt auch im Segment der Reportagekameras unterbringen. Ganz so groß und schwer wie frühere Vertreter mit großen Sensoren ist sie ja nicht mehr. Dennoch ist ein Kilo allein für den Body schon eine Ansage.

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Dass man vermeintlich alte Technik, wie das Mittelformat, auch immer wieder für knackmoderne Produktionen einsetzen kann, zeigt auch unsere Empfehlung für einen Long Read zum Wochenende. Diesmal geht es um ein Bildformat, nämlich das über Jahrzehnte übliche 4:3 des Fernsehens, das ursprünglich aus den frühen Tagen des Kinos stammt. Dieses Format hat die Regisseurin und Oscar-Preisträgerin Emerald Fennell in ihrem Film "Saltburn" zusammen mit dem Kameramann Linus Sandgren verwendet.

Wie Movieweb beschreibt, war das kontroverse Thema des Films, Voyeurismus, für das Bildformat geradezu zwingend. Wohlgemerkt: Es geht hier nicht um den Streifen an sich, der in Deutschland nur bei Amazon Prime zu sehen ist, sondern nur um dessen Bildgestaltung. Die ist nicht nur wegen des Formats, sondern auch wegen vieler Available-Light-Szenen bemerkenswert, wie zum Sonnenaufgang oder bei Kerzenlicht.

(nie)