Google I/O: Daydream ist Googles Oculus-Kopie

Googles mobiles Virtual-Reality-System orientiert sich stark an der Oculus-Samsung-Gemeinschaftproduktion Gear VR. Was Google mit Daydream jetzt mehr bietet: Größere Hardware-Offenheit und vor allem einen Hand-Controller.

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Daydream: Googles Oculus-Kopie
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen
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Der Goldstandard für Virtual Reality mit dem Smartphone ist bislang das Gear-VR-System von Samsung und Oculus – die Konkurrenz, unter anderem Googles Cardboard-Infrastruktur, war bisher ein paar Schritte hintendran. Besonders das Headtracking läuft mit Gear VR deutlich geschmeidiger, was zu einem viel intensiveren Mittendrin-Gefühl führt.

Mit Daydream will Google nun an Gear VR vorbeiziehen. Auf der I/O-Entwicklerkonferenz hat VR-Abteilungsleiter Clay Bavor am Mittwoch Daydream erstmals vorgestellt und am Donnerstag in einer Session mehr Details verraten. Google will selbst Daydream-Headsets verkaufen, ähnlich wie beim Cardboard-Konzept dürfen aber auch andere Hersteller unter dem Label ihre Version des Smartphone-Gehäuses produzieren.

Mehr gibt es von Googles Daydream-Referenzdesign noch nicht zu sehen.

(Bild: Google)

Es muss allerdings zwingend ein Daydream-kompatibler Controller mitgeliefert werden – der ist nämlich das wichtigste Alleinstellungsmerkmal. Während man die Gear VR mit einem am Headset angebrachten Touchpad oder einem konventionellen Bluetooth-Gamepad steuert, bietet Google als erstes mobiles VR-System einen Hand-Controller – was viel besser für Virtual Reality geeignet ist als althergebrachte Steuermethoden: Schließlich interagiert man mit der echten Welt auch vor allem mit den Händen.

Für den Controller verwendet Google offenbar ähnliche Lagesensoren, wie sie auch in Smartphones stecken; es können also nur Bewegungen, nicht aber die Position im Raum erkannt werden. Eine zum Beispiel mit HTC-Vive-Controllern vergleichbare Präzision darf man also nicht erwarten – für einfache Bewegungen wie dem Auswerfen einer Angel oder dem Wenden von Pfannkuchen in einer Pfanne reicht der Controller aber offenbar aus.

Der Daydream-Hand-Controller ähnelt frappierend der Oculus-Rift-Fernbedienung.

(Bild: heise online (Montage))

Preise oder ein Erscheinungsdatum nannte Google nicht. Entwickler, die Daydream-Apps bauen wollen, sollen vorerst ein Nexus 6P mit installierter Android N Developer Preview als Entwickler-Kit verwenden, andere Smartphones funktionieren noch nicht mit dem Daydream-SDK. Um den Controller zu emulieren, kann man ein beliebiges Smartphone mit Android ab KitKat verwenden. Da Benutzer den auf dem Smartphone-Display angezeigten Controller in VR nicht sehen können, empfiehlt Google, eine Pappform aufs Smartphone zu kleben – Schnittmuster gibt es auf der Daydream-Entwickler-Website.

Google hat sich in fast allen Belangen sehr stark an der Oculus-Infrastruktur orientiert. Googles VR-Bedienoberfläche sieht nicht nur ähnlich aus wie das von Rift und Gear VR verwendete Oculus Home, sondern heißt auch so: Daydream Home. Googles Referenz-Controller ähnelt obendrein frappierend der zur Oculus Rift mitgelieferten Fernbedienung.

Was die Daydream-kompatiblen Smartphones für genaue Spezifikationen mitbringen müssen, ist allerdings noch unklar. Sicher ist nur: Die meisten großen Hersteller wollen entsprechende Telefone bauen, unter anderem Samsung, HTC, LG und Huawei.

Auch beim Design der Benutzeroberfläche des Appstores hat man sich ein wenig bei Oculus inspirieren lassen.

(Bild: Google)

Seine Hausaufgaben hat Google gemacht: Die bei VR-Entwicklern beliebtesten 3D-Engines Unity und Unreal werden künftig von Daydream unterstützt. Ein Unity-Plug-in soll im Sommer veröffentlicht werden, die Unreal-Engine beherrscht in einer bereits erhältlichen Vorab-Version jetzt schon das Google-VR-System.

Alles in allem macht Daydream einen sehr vielversprechenden Eindruck. Vor allem der vorgeschriebene Hand-Controller könnte das Google-System schnell zum Klassenprimus der mobilen Virtual Reality machen – falls Oculus und Samsung nicht noch nachziehen und Gear VR die Hand-Bedienung beibringen. Die Frage ist außerdem, ob Google Daydream womöglich sogar noch mit Positionstracking nachrüstet. VR-Chef Clay Bavor deutete das an: Die Abteilungen für VR und für Googles Raum-Tracking-System Tango würden "eng zusammenarbeiten".


(jkj)