Hybrid-Computer arbeitet mit Gehirn-Organoiden

US-Forscher haben eine Art Biocomputer entwickelt, der Organoide aus Neuronen für Klassifizierungen nutzt.

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(Bild: Peshkova / shutterstock.com)

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Ein Forschungsteam aus den USA hat ein hybrides System aus menschlichen Gehirnzellen und einem künstlichen neuronalen Netz entwickelt, das menschliche Stimmen klassifizieren kann. Technische Einzelheiten des Experimentes beschreiben Feng Guo von der Indiana University Bloomington und sein Team jetzt in einem Aufsatz in der Fachzeitschrift "Nature Electronics".

Hybride Systeme, die die hochkomplexe Vernetzung von biologischen Neuronen in digitalen Computern nutzen, sind zwar nicht wirklich neu – erste Versuche dazu gab es bereits vor rund 20 Jahren. 2022 gelang es Forschenden in Australien um das Start-up Cortical Labs sogar, eine Zellkultur darauf zu trainieren, Pong zu spielen. Guo und Kollegen sind jedoch die ersten, die keine einzelnen Zellen, sondern dreidimensionale Organoide aus Neuronen verwenden.

Die Gehirn-Organoide bestehen aus umprogrammierten menschlichen Hautzellen. Organoide sind im Labor erzeugte Mini-Organe, die die biologische Funktion des natürlichen Vorbilds nachbilden sollen – sie werden unter anderem zur Erforschung von Hirnkrankheiten verwendet.

Guo und seine Kollegen verwendeten die Organoide jedoch zur Signalverarbeitung: Über ein Elektroden-Array speisten sie elektrische Signale in die Organoide ein, und lasen anschließend die elektrische Aktivität der Neuronen aus. Ihre Idee beruht auf dem Prinzip des Reservoir Computing: Ein komplexes, nichtlineares Reservoir wandelt Input-Daten in eine hochdimensionale Repräsentation um. Diese Repräsentation der Daten kann dann vergleichsweise einfach klassifiziert werden.

Um zu zeigen, dass das auch mit Gehirn-Organoiden funktioniert, wandelten die Forschenden 240 kurze Sprachaufzeichnungen in ein räumlich und zeitlich aufgelöstes Muster von elektrischen Pulsen. Damit trainierten sie die Organoide und ein neuronales Netz, das den Output klassifizieren soll. Anschließend gaben sie dem System neue Audio-Daten. Nach einem Tag Training war das System nur bei rund 50 Prozent der Klassifizierungen erfolgreich. Nach vier Tagen kam es auf rund 80 Prozent.

Eine "Herausforderung" sei allerdings immer noch die "Herstellung und Erhaltung" der Organoide, schreiben die Autoren. Die Organoide wären noch immer sehr heterogen, außerdem würde immer wieder Gewebe absterben. Suboptimal ist zudem die Tatsache, dass die Organoide zwar dreimensional sind, das Elektroden-Array aber flach. Man müsse also unbedingt neue, bessere Interfaces entwickeln. Solche Interfaces werden beispielsweise an der Johns Hopkins University entwickelt.

(wst)