IANA stellt Libanons Länderdomain "unter Schutz"

Nach einem Todesfall und dem Rückzug bisheriger Verwalter hat die Internet Assigned Numbers Authority die Länderadress-Zone .lb unter ihre Fittiche genommen.

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(Bild: Tommy Lee Walker / Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert
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Anfang Januar verstarb unerwartet der Begründer der libanesischen Länderadresszone .lb, Nabil Bukhalid. Die Internet Assigned Numbers Authority (IANA) zog daher vor einigen Wochen die Hoheit über den Registereintrag für die ccTLD des gebeutelten Lands an sich. Sinnvolle Absicherung der wenn auch kleinen Adresszone oder ein unnötiger Eingriff gegenüber den Betreuern im Libanon?

Per Brief teilte die IANA Mitte Juli der Vertretung der Manager der Länderadresszonen (ccTLDs) mit, man habe sich zu dem ungewöhnlichen Schritt veranlasst gesehen, weil die bisher in der IANA Datenbank eingetragene .lb-Managerin, die American University (AUB) in Beirut sich nicht mehr für den Betrieb der .lb verantwortlich fühle.

Die .lb TLD hat nur wenige tausend Registrierungen unter .gov.lb, .com.lb oder edu.lb. Zum Vergleich: die .de-Zone hat über 17 Millionen. Als Länderadresszone gehört .lb aber zum Inventar einer digital souveränen Nation.

Trotzdem hat die IANA die Länderadresszone "unter Schutz" gestellt und die AUB als bislang verantwortliche Organisation aus der IANA Datenbank gelöscht. In der IANA Datenbank ist jeweils die für die jeweilige Länderadresszone verantwortliche Organisation – oder Regierungsstelle – eingetragen.

Auf Anfrage von heise online unterstrich Gwen Carlson, ICANN Senior Communications Director: "ICANN übernimmt keinerlei operative Rolle für .lb." Vielmehr bringe man mit der Bezeichnung "under care taking" lediglich den aktuellen Status zum Ausdruck, dass .lb derzeit keinen offiziell ernannten ccTLD Manager habe.

"ICANN ist in Kontakt mit dem Team, das den Betrieb aufrechterhält und wir werden qualifizierte Bewerber für das Management der Domain prüfen und dabei den einschlägigen Regeln folgen." Bis zum Abschluss eines formalen Übergabeverfahrens bleibe die Adresszone unter dem "Schutzstatus".

Zugleich hatte die IANA die in der Country Code Names Supporting Organization (ccNSO) vertretenen Länderadressmanager aufgefordert, eventuell neue Regeln für solche Inschutznahmen vorzusehen. Offenbar würden sich die IANA Verantwortlichen ihren Schritt durchaus gerne von der ccNSO absegnen und derartige Maßnahmen für die Zukunft legitimieren lassen. Denn: einen Prozess für die Re-Delegation, also die Übergabe einer Länderadresszone an einen neuen Administrator, gibt es. Doch die Übernahme einer "gefährdeten" ccTLD ist in den Statuten nicht vorgesehen.

Vergleichbare Situationen gab es, als die irakische ccTLD .iq durch Verurteilung des Managers in Texas keinen Betreiber mehr hatte. Verschärft durch den Irak-Krieg und den Umstand, dass IANA noch unter Vertrag der US-Regierung stand, war die TLD für etwa zwei Jahre praktisch inaktiv.

Der Fall .lb liegt allerdings anders, wie Kritiker der IANA Intervention anmerken. Zwar hatte die AUB seit 1993 als institutionelle Heimat der .lb fungiert, die aber vor allem deshalb, weil Nabil Bukhalid an der AUB erster Direktor der Netzwerkabteilung wurde. Bukhalid hatte 1993 die Eintragung der ccTLD organisiert.

Schon 2010 war der als Vater des libanesischen Internets betrauerte Bukhalid dann aber aus der AUB ausgeschieden, und seither hatte er gemeinsam mit Vertretern der Internet-Community – unter anderem des libanesischen Chapter der Internet Society, den Betrieb kontinuierlich fortgeführt. Auch den Transfers aus der AUB heraus hatte er bereits gestartet.

Der Betrieb von .lb lief zugleich unabhängig von Bukhalids Tod unverändert weiter, unterstreicht Randy Bush, US-Netzpionier und bereits seit 1993 der Tech-C für die .lb Zone. Bukhalid hatte Bush von Anfang an als technische Unterstützung – und vom Krisen- und Kriegs-gebeutelten Land entfernten Serverstandortmanager ins .lb Boot geholt. Andere .lb-Nameserver stehen beispielsweise beim norwegischen Forschungsnetz.

Bush ist zudem nach wie vor bei IANA als Tech-C für .lb eingetragen. "Technisch und organisatorisch, keine Vorkommnisse", meldet er. Bedroht sieht der US-Amerikaner die wenigen tausend Einträge unter .lb keineswegs.

Dass die von Bukhalid und seinem Team angestrebte Re-Delegierung nicht schneller über die Bühne ging, liege wohl auch an einer gewissen Schwerfälligkeit der IANA Verfahren. Woran bisherige Transfers Versuche scheiterten, ist unklar. Die Details solcher Transfers Anträge behandele ICANN vertraulich, so Carlson. Sie könne immerhin bestätigen, dass es die LBDR LLC, ab 2021 einen solchen Antrag gestellt habe. Dieser Antrag werde aber aktuell nicht mehr verfolgt.

(axk)