ICCT: Realverbrauch steigt – Monitoringmöglichkeit bleibt weiterhin ungenutzt

Eine Studie des Verkehrsinstituts ICCT zeigt einmal mehr, wie weit Anspruch und Wirklichkeit beim Verbrauch voneinander abweichen. Dabei gäbe es längst Abhilfe.

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Homologationsmessungen bei VW

Homologationsmessungen bei VW

(Bild: VW)

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Die Organisation ICCT (International Council on Clean Transportation) mahnt, die für den Klimaschutz bedeutsame Abweichung zwischen realem und angegebenem Verbrauch bei Pkw nicht aus den Augen zu verlieren. Sie weist darauf hin, dass man bereits heute Werte aus dem Realbetrieb heranziehen könne, um diese wachsende Differenz nicht hinnehmen zu müssen.

Um die wachsende Kluft zwischen Labor- und Straßenwerten zu demonstrieren, weist der ICCT auf die Entwicklung der offiziellen und realen CO₂-Emissionen seit Einführung des weltweit harmonisierten Verbrauchstests (WLTP) im September 2017 bis Dezember 2022 hin. Der CO₂-Ausstoß ist dabei das Maß für den Kraftstoffverbrauch. Um die Abweichungen zu belegen, hat die Organisation die der Umweltbehörde der Europäischen Kommission (EEA) gemeldeten Werte mit den Verbrauchsangaben aus dem Realbetrieb von rund 162.600 Autos auf der Plattform spritmonitor.de verglichen.

Für Autos mit Verbrennungsmotor und Hybridautos deuten die Ergebnisse auf eine wachsende Abweichung von den im aktuellen WLTP erfassten CO₂-Emissionsdaten zu denen im vorausgegangenen Prüfzyklus NEFZ hin. 2018, nach Einführung des aktuellen Prüfzyklus, sei die Differenz zum Realverbrauch von 32,7 auf 7,7 Prozent gesunken. 2022 hingegen habe die Differenz für in Deutschland neu zugelassene Autos im Schnitt bereits 14,1 Prozent betragen, der Abstand vergrößert sich also wieder.

Abweichungen bei NEFZ und WLTP über die Zeit

(Bild: ICCT)

Der ICCT sieht die Gefahr, dass die offiziellen Werte so immer weniger Aussagekraft für die realen Emissionen hätten. Denn damit werde das Ziel der Politik unterlaufen, die CO₂-Emission des Verkehrs zu senken. Bis 2035 sollen nach den Plänen der EU Neuwagen kein Kohlendioxid mehr ausstoßen, um den Klimawandel nicht weiter anzutreiben. Seit 2010 müssen Autohersteller den CO₂-Ausstoß ihrer Fahrzeuge in der EU ausweisen. Sollte der Verbrauch ihrer verkauften Produkte die EU-weit schrittweise immer niedriger festgelegten Grenzen überschreiten, werden Strafzahlungen verhängt. Zudem erinnerte der ICCT daran, dass es auch nicht im Sinne des Autokäufers sein könne, wenn sein Wagen deutlich mehr verbrauche als im Prospekt angegeben.

Eine Pflicht zur Erfassung des Realverbrauchs sieht bereits die seit 2021 gültige Abgasnorm Euro 6d ISC-FCM vor. Das "FCM" im Kürzel steht für "Fuel Consumption Monitoring", bei dem der Verbrauch im laufenden Betrieb gemessen wird. Nun sind zwar alle Fahrzeuge spätestens seit Inkraftsetzung dieser Norm duch ihr "OBFCM" also "Onboard Fuel Consumption Monitoring" dazu in der Lage, doch fehlt bis heute noch eine Erfassung und Auswertung der fahrzeugindividuell erhobenen Daten.

Die (theoretischen) Möglichkeiten der Datenerhebung dank OFC seit 2021

(Bild: ICCT)

Der ICCT weit darauf hin, dass die Datenerfassung ab 2027 eine Möglichkeit biete, die Lücke zwischen Katalog- und Realverbrauch weitgehend zu schließen, eine Umsetzung laut EU allerdings wohl erst 2030 beginnen könne.

ICCT hat sich als gemeinnützige Organisation zur Aufgabe gemacht, durch unabhängige Erforschung der Umweltbelastung durch den Verkehr die Arbeit der Umweltbehörden zu unterstützen. 2015 hat ICCT, beginnend in den USA, den Abgasbetrug durch Volkswagen nachweisen können. Dabei ging (und geht) es um den Ausstoß für Lebewesen giftiger Stickoxide und die entsprechende Abgasnachbehandlung, während es sich bei CO₂ um einen klimawirksamen Bestandteil der Atmosphäre handelt. Hier ist ausschließlich der Verbrauch relevant.

(fpi)