Indien bestraft Google für Abrechnungszwang im Play Store

Googles Verbot alternativer Zahlungswege im Play Store ist auch in Indien illegal. Das kostet über 100 Millionen Euro.​

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Android-Figur mit Ladekabeln für Handys

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.

Google versucht, seine dominante Marktposition bei Android und Play Store auszunutzen, um auch andere Märkte zu dominieren. Diesen grundlegenden Vorwurf erhebt die indische Wettbewerbsbehörde CCI (Competition Commission of India) in einem aktuellen Bescheid gegen Google und dessen Holding Alphabet. Die CCI stellt mehrere illegale Praktiken fest und bestraft den Datenkonzern mit sieben Prozent des durchschnittlichen relevanten Jahresumsatzes. Das macht vorläufig umgerechnet 114 Millionen Euro Bußgeld.

Besonders stört die Behörde, dass Google App-Betreiber dazu zwingt, Zahlungen nur über das Google Play Billing System (GPBS) abzuwickeln. Die Gebühren sind saftig: 15 bis 30 Prozent des Umsatzes. Gleichzeitig verbietet Google den App-Betreibern, auf Umgehungskonstruktionen hinzuweisen. "Den Zugang zum Play Store von der verpflichtenden Nutzung des GPBS für bezahlte Apps und In-App-Käufen abhängig zu machen, ist einseitig, willkürlich und entbehrt jedes legitimen Geschäftsinteresses", liest die CCI Google die Leviten.

Juristisch kommt sie zu dem Schluss, dass der GPBS-Zwang eine unfaire Bedingung für App-Betreiber ist und somit gegen Paragraf 4(2)(a)(i) des indischen Wettbewerbsgesetzes verstößt. Außerdem behindere der Zwang Innovation nicht nur bei Apps, sondern auch bei Zahlungsdienstleistern, was als Verstoß gegen Paragraf 4(2)(a)(ii) erkannt wird.

Für die Zahlungsabwicklung in eigenen Apps wie zum Beispiel YouTube setzt Google derweil gar nicht auf sein GPBS, sondern hat separate, weitaus günstigere Zahlungswege eingerichtet. Damit diskriminiert Google andere Anbieter und verstößt gegen beide vorgenannten Normen, sagt die CCI.

Hinzu kommen Verstöße gegen Paragraf 4(2)(c) wegen Ausschlusses von Zahlungsdienstleistern und App-Entwicklern sowie gegen Paragraf 4(2)(e), weil Google versucht, seine dominante Position in den Märkten für Android-Lizenzen sowie für App Stores auch auf andere Märkte auszudehnen. Gegen solche Methoden sind Wettbewerbshüter besonders allergisch.

Obendrein stellt die Behörde einen Verstoß gegen mehrere Normen fest, weil Google auch auf der Bezahlseite unterschieden hat: Nutzten Verbraucher Google Pay, war der Workflow einfacher, als wenn sie Wallets anderer Anbieter nutzten. Dieser Unsitte hat Google nach eigenen Angaben inzwischen abgeholfen.

Binnen dreier Monate muss Google laut Bescheid noch eine Reihe weiterer Maßnahmen für den indischen Markt treffen:

  • Keine Diskriminierung anderer Bezahlmethoden und insbesondere kein Zwang zum Google Play Billing System mehr;
  • Keine Einschränkung für App-Betreiber, ihre Kunden auf andere Zahlungswege hinzuweisen;
  • Offenlegung, welche Daten Google im Play Store sammelt, wie sie genutzt werden und mit wem sie geteilt werden könnten;
  • Verbot der Nutzung von Daten aus dem Google Play Billing System für andere Zwecke, zudem sollen App-Betreiber Zugriff auf die GPBS-Daten ihrer Transaktionen erhalten;
  • Keine Diskriminierung anderer Wallets.

Bestimmte, als wettbewerbsfeindliche erkannte Vertragsbedingungen, darf Google in Indien ab sofort nicht mehr anwenden. Der Datenkonzern kann jedoch Rechtsmittel gegen den gesamten Bescheid einlegen. Unabhängig davon kann sich die Strafsumme von 114 Millionen Euro noch ändern. Zur genauen Berechnung muss das Unternehmen der Behörde binnen 30 Tagen relevante Umsätze offenlegen.

Erst vor wenigen Tagen hat die CCI Alphabet mit umgerechnet 165 Millionen Euro Bußgeld belegt. Die indische Wettbewerbsbehörde wirft der Google-Mutter vor, die dominante Rolle ihres Android-Betriebssystems missbraucht zu haben, um das Hauptgeschäft der Online-Suche zu stärken.

Indien ist als bald offiziell bevölkerungsreichstes Land der Welt ein besonders interessanter Markt für Google. Android-Handys haben dort einen Marktanteil von weit über 90 Prozent.

(ds)