Insolvenz: Wework flüchtet in Nordamerika in den Gläubigerschutz

Ein Übernahmeangebot hat sich in Luft aufgelöst. Update: Wework hat seinen Antrag auf Gläubigerschutz gestellt. Der Chef spricht von einer "rosigen Zukunft".

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 13 Kommentare lesen
Wework-Schild vor Bürogebäude

Wework-Immobilie in Vancouver, Kanada

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Update
Lesezeit: 3 Min.

WeWork-Aktien waren am Montag nicht verkäuflich. Die New York Stock Exchange (NYSE) hat den Börsenhandel ausgesetzt. Grund ist ein Bericht des Wall Street Journal von vergangener Woche, wonach Gemeinschaftsbüro-Vermieter Wework kurz vor einem Insolvenzantrag steht. Die NYSE verlangt Klarheit, bevor es zu rein von Spekulationen und Gerüchten getriebene Kurseskapaden kommt. Das Management hat den Bericht bislang weder bestätigt noch in Abrede gestellt. Fakt ist, dass Wework seine Schulden nicht bedienen kann und schwer defizitär ist.

Update

Wework hat seinen Insolvenzantrag mit dem Begehren nach Schutz vor Gläubigern nach Kapitel 11 des US-Insolvenzrechtsgesetzes beim US-Bundesinsolvenzgericht für New Jersey eingebracht (Az. 23-19865). Ein vergleichbarer Antrag für Kanada ist in Vorbereitung, andere Länder sollen nicht betroffen sein. Das hat Wework in der Nacht auf Dienstag mitgeteilt. "Wework hat ein starkes Fundament, ein dynamisches Geschäft und eine rosige Zukunft", macht CEO David Tolley gute Miene zum bösen Spiel.

Für Kunden soll sich wenig ändern, die meisten Standorte möchte Wework wie gewohnt weiter betreiben. Die Gelackmeierten sind bestimmte Vermieter in Nordamerika, von denen eine Reihe bereits in der Vergangenheit Mietnachlass gewährt hat: Wework bittet das Gericht um Genehmigung, bestimmte Mietverträge brechen zu dürfen. Das soll vorwiegend angemietete Flächen betreffen, die Wework gar nicht nutzt. Mit fast allen Inhabern gesicherter Schuldverschreibungen hat das Unternehmen nach eigenen Angaben eine Vereinbarung erreicht, die eine "drastische Reduktion" bestehender Schulden bedeutet.

Am Freitag tauchte plötzlich ein "Übernahmeangebot" auf. Ein Finanzinvestor namens Cole Capital Funds wollte 51 Prozent der Wework-Aktien übernehmen und dabei neun US-Dollar je Aktie zahlen. Mehr als das Achtfache des Schlusskurses vom Vortag. "Wir haben Gott, rechtliche, finanzielle und andere Berater konsultiert, damit sie uns bei dieser Transaktion unterstützen", beteuerte das Unternehmen, das auf seiner Website mit "rechtschaffenen" Investionen und "besten Strategien seiner Klasse" wirbt.

Wie ein Aufkauf von 51 Prozent der Aktien dazu beigetragen hätte, die offenen Rechnungen Weworks zu zahlen, war der Mitteilung Cole Capitals nicht zu entnehmen. Inzwischen hat Wework seine Mitteilung über das absurd anmutende "Offert" wieder zurückgezogen, ein rettender Ritter mit offener Schatulle ist nicht in Sicht.

Schon im August hat Wework gewarnt, dass es seine Geschäfte vielleicht nicht wird fortführen können. Anfang Oktober setzte sie ihre Zinszahlungen an Gläubiger aus, die 30 Tage Nachfrist gewährten. Nach deren Ablauf gewährten diese eine weitere Frist, diesmal aber nur für sieben Tage. Einst wurde Wework an der Börse als Multi-Milliarden-Betrieb gefeiert, inzwischen ist die Aktie nur mehr rund um einen Dollar wert – trotz eines Eintausches von 1:40 Aktien Anfang September.

Mitte Oktober hat Wework einen neuen Chief Executive Officer erhalten: David Tolley, bis dahin Verwaltungsrat des Unternehmen, muss versuchen, bei den Eigentümern der von Wework betriebenen Gemeinschaftsbüros Rabatte auf die Mieten herauszuschinden. Von 2019 bis 2022 war Tolley Finanzchef Intelsats, davor übte er diese Funktion bei Oneweb aus; der neue CEO kann also Erfahrung mit finanziell strauchelnden Betrieben vorweisen.

Mitte des Jahres betrieb Wework in 39 Ländern insgesamt 777 Gemeinschaftsbüros, davon 229 in den USA und 22 in Deutschland – davon elf in Berlin. Der operative Cashflow war im ersten Halbjahr mit minus 530 Millionen US-Dollar deutlich negativ. In der Wework-Kassa lagen zum 30. Juni nur noch 205 Millionen flüssige Dollar.

(ds)