Drastisch weniger Interaktionen: Neue Probleme für New York Times auf X/Twitter

Beiträge mit Links zur New York Times laufen auf der Kurznachrichtenplattform X viel schlechter. Eine Erklärung gibt es nicht, das passt aber zu einem Muster.

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Zwei Tweets mit drastisch abweichenden Zahlen zur Sichtbarkeit

Eigenwerbung für Obamas Stiftung interessiert angeblich auf X deutlich mehr als aktuelle Nachrichten der New York Times (oben).

(Bild: Screenshot)

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Der Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) scheint die Zugriffe auf Artikel der New York Times seit einigen Wochen merklich zu verringern. Das berichtet das US-Nachrichtenportal Semafor unter Berufung auf Daten der Social-Media-Analysefirma NewsWhip. Ein dazu veröffentlichtes Diagramm zeigt, dass Artikel der US-Zeitung etwa seit Mitte Juli deutlich weniger von einer Auswahl großer Accounts geteilt wurde, als vorher. Gleichzeitig gibt es keinen solchen Abfall bei der Konkurrenz von Politico, der Washington Post und dem Wall Street Journal.

Eine Erklärung dafür hat man demnach weder bei NewsWhip noch bei der New York Times selbst. Die Angelegenheit erinnert aber an eine Drosselung von Artikeln der New York Times auf X, die Mitte August entdeckt worden war.

Auffällig wird der Rückgang der Interaktionen auf dem Account von Barack Obama. Zwei dort in den vergangenen Tagen geteilte Artikel der New York Times wurden laut den darunter stehenden Zahlen von X jeweils weniger als eine Million Mal angesehen. Bei allen anderen Beiträgen des Ex-US-Präsidenten sind des dagegen jeweils immer mehrere Millionen Mal. Auch insgesamt handle es sich um die geringste Zahl für Beiträge Obamas, seit der Kurznachrichtendienst diese publik macht, schreibt Semafor. Ein Link zu Politico, den der geteilt hat, wurde derweil über 13 Millionen Mal angesehen. Bei der New York Times habe man den Rückgang gemerkt, eine Erklärung gebe es nicht. Vorstellbar wäre, dass Beiträge mit Links zur New York Times nicht mehr oder seltener im algorithmischen Feed landen.

Eine Anfrage von Semafor hat X demnach nicht beantwortet, über die Hintergründe lässt sich deshalb nur spekulieren. Der Bericht ruft aber eine Begebenheit von vor einem Monat in Erinnerung. Damals war bemerkt worden, dass es konstant fast fünf Sekunden gedauert hat, bis ein auf X geteilter Link zur New York Times, zu Reuters und den Plattformen Facebook, Instagram, Bluesky sowie Substack geöffnet wurden. heise online hatte die auffallend stabile Verzögerung nachvollziehen können, bevor X mitteilten ließ, dass sie entfernt wurde. Eine Erklärung dafür hat es seitdem nicht gegeben. Es lag aber nahe, dass es sich um ein absichtlich herbeigeführtes Verhalten gehandelt hat. X-Chef Elon Musk hatte alle betroffenen Plattformen vorher mehr oder weniger deutlich und direkt kritisiert.

Semafor ergänzt nun, dass sich X unter der Führung von Musk in den vergangenen Monaten mehr und mehr zu einem "konservativen Medienunternehmen" gewandelt hat. Zwar verbreiten viele Medien noch mehr oder weniger automatisiert Links zu ihren Beiträgen dort, aber nach heftigen Auseinandersetzungen und angesichts der im Vergleich zu anderen Plattformen geringeren Bedeutung, haben sich auch immer mehr von dort zurückgezogen.

Gleichzeitig verabschiedet sich Facebook aus dem Geschäft mit Nachrichten, weswegen vor allem Google und Apple als Verbreitungswege übrig bleiben. Der Einbruch der Interaktionen sei deshalb auch kein großes Problem für die New York Times, die Mehrheit der Zugriffe von außen kommen demnach über andere Kanäle.

(mho)