Kryptowährungen: Arkham Intelligence will Blockchain-Schnüffler monetarisieren

Mit einer Börse für Meta-Daten von Blockchains will Arkham Intelligence private Datenschnüffler dafür belohnen, die Besitzer von Krypto-Adressen zu enttarnen.

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(Bild: Wit Olszewski/shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Michael Plura
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Mit der sogenannten Intel Exchange Plattform will das Startup Arkham Intelligence eine Möglichkeit bieten, bislang anonyme Identitäten hinter Blockchain-Adressen gegen Kryptogeld öffentlich zu machen. Mit anderen Worten: Wer ein Unternehmen oder eine Privatperson hinter einer Blockchain-Adresse kennt, kann diese Information auf der Datenbörse bei Arkham Intelligence eintragen und erhält im Gegenzug einen mehr oder weniger wertvollen ARKM-Token.

Arkham Intelligence kann diese Informationen beliebig oft an beliebige Entitäten weitergeben oder – verkaufen – etwa an Regierungen, Steuerbehörden, Geheimdienste oder Marketingunternehmen. Miguel Morel, CEO von Arkham Intelligence, behauptet, dass die Daten nur dazu genutzt werden sollen, Betrüger und Hacker zu ermitteln, die an Krypto-Verbrechen beteiligt sind.

Arkham Intelligence stellt bei der neuen Plattform seine eigene KI namens "Ultra" prominent in den Vordergrund. Ultra ist die Kerntechnologie hinter Arkham. Es handelt sich um eine KI-gestützte Engine, die Blockchain-Adressen algorithmisch mit realen Personen abgleicht. Ultra wurde drei Jahre lang von Arkham-Mitarbeitern entwickelt und durch die Gründer von Palantir und OpenAI unterstützt. Palantir, benannt nach den sehenden Steinen aus Herr der Ringe, ist eine der umstrittensten Firmen des Silicon Valley, denn sie ist eine Schlüsselfirma in der Überwachungsindustrie. Paypal-Gründer und Multimilliardär Peter Thiel gründete das Unternehmen 2004 mit finanzieller Unterstützung des CIA. Die Kundenliste des Unternehmens: CIA, FBI, NSA, Pentagon, Marines und Air Force. In Deutschland ist Palantir durch sein Produkt "Gotham" (siehe unten) bekannt, das für die hessische Polizei angepasst wurde (Hessen-Data). Es soll der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten und Abwehr bestimmter Gefahren dienen.

Die angekündigte Plattform von Arkham Intelligence funktioniert im Grunde ganz einfach: Wer Daten aus einer Blockchain mit Informationen aus der realen Welt zusammenbringen kann oder glaubt das tun zu können, kann diese Information auf der Arkham Plattform zum Verkauf für eine bestimmte Anzahl an ARKM-Tokens anbieten. Andersherum gibt es ein Bounty-Programm, bei dem man wiederum ARKM-Token dafür bietet, beispielsweise die Privatsphäre einer Bitcoin-Adresse zu durchbrechen und den Namen des Benutzers zu erlangen. Besteht weitreichendes Interesse an den Infos können weitere Teilnehmer aufspringen und das Kopfgeld durch zusätzliche ARKM-Tokens erhöhen. Erste Bilder der Schnüffler-Börse zeigt Binance-Research. Arkham Intelligence selbst verlangt zwischen 2,5 und 5 Prozent Gebühren für jedes Geschäft.

Die genaue Funktion erklärt das Whitepaper, das über die Webpräsenz von Arkham Intelligence herunterladbar ist. Das Papier besteht abzüglich des Fazits aus vier Kapiteln, von denen sich eines nur mit dem "Arkham-Anreizprogramm" beschäftigt. Dort werden mannigfaltige Möglichkeiten aufgelistet, um allerlei Belohnungen, Partner-Rewards, Einnahmen aus Affiliate-Links und Rabatte bis über 50 Prozent für das Halten von ARKM-Tokens zu ergattern.

Arkham Intelligence hat zusammen mit Binance gerade ein leicht verspätetes Initial-Offering des ARKM-Tokens (ERC20) veranstaltet. Gegen den Binance Token (BNB, Preis Mitte Juli ca. 215 US-Dollar) kann man ARKM-Tokens zum Fixpreis von etwa 0,50 US-Dollar pro ARKM-Token kaufen, wobei Arkham zunächst 50 Millionen der insgesamt 1 Millarde ARKM-Tokens ausgibt. Wenige Minuten nach dem Start waren bereits 3,7 Millionen ARKM-Tokens an über 55.000 teilnehmende Instanzen vergeben.

Im Prinzip sind Blockchains nicht anonym, sondern pseudonym. Das bedeutet, dass Transaktionen in der Blockchain öffentlich sichtbar sind und jeder die Transaktionshistorie nachverfolgen kann. Jede Transaktion wird in einem Block gespeichert, der an die vorherigen Blöcke angehängt wird, wodurch eine Kette von Transaktionen entsteht – daher der Name "Blockchain". Die Transaktionen selbst sind nicht mit realen Identitäten verknüpft, aber, um den Bitcoin als Beispiel zu nehmen: Die Bitcoin-Adressen jeder einzelnen Transaktion sind öffentlich. Wenn jemand beispielsweise Bitcoin von einer Börse erhält oder an eine Börse sendet oder diese in herkömmliche Währungen ein-/auszahlt, kann die Verbindung zwischen der Bitcoin-Adresse und einer Identität hergestellt werden. Jeder Teilnehmer am Bitcoin-Netzwerk kennt trivialerweise auch seine eigenen Bitcoin-Adressen und kann diese mit seiner eigenen Identität verbinden. Darüber hinaus kann er in der Regel auch alle Bitcoin-Adressen, an die er Bitcoin schickt oder von denen er welche erhält, identifizieren.

Sogenannte "Mixer" oder "Tumbler" versprechen durch gezielte Vermischung von Bitcoin-Beständen mehr Anonymität. Diese Methoden sind jedoch nicht hundertprozentig sicher, denn es gibt Möglichkeiten, Transaktionen auf der Blockchain zu analysieren und Verbindungen herzustellen. Nur Kryptowährungen wie Monero oder Zcash haben sich die Anonymität der Privatsphäre als Ziel gesetzt.

In der Kryptoszene wurde der Ansatz der Datenbörse mit Kritik übergossen. Die Gefahren eines Missbrauchs sind auch naheliegend: So könnten darüber falsche Informationen verbreitet oder unliebsame Mitmenschen sowie Konkurrenzunternehmen in ein schlechtes Licht gerückt werden. Auch könnte Arkham Intelligence eine Anlaufstelle für Kriminelle werden, die gerne die realen Namen von Krypto-Besitzern herausbekommen wollen, um diese auszunehmen oder gar als Geisel zu nehmen.

Immer wieder, beispielsweise in einer Twitter Space-Sitzung, betonte Arkham Intelligence CEO Miguel Morel hingegen, dass die Plattform sehr stark und ordnungsgemäß reguliert sei. Man wolle nur Betrüger und Hacker aufdecken, die an Krypto-Exploits beteiligt seien, und nicht unethisches Verhalten fördern. Arkham Intelligence würde außerdem jederzeit die volle Kontrolle über alle auf der Plattform geteilten Daten behalten. Für Zweifel an der eigenen Expertise in Sachen Datensicherheit hat Arkham Intelligence allerdings schon gesorgt: So wollte das Unternehmen die privaten Mail-Adressen der Nutzer von Referral-Links durch eine Base64-"Verschlüsselung" schützen – was sich natürlich geradezu trivial dekodieren lässt.

(axk)