Erster Eindruck: Zeiss Exolens Weitwinkel-Vorsatz für das iPhone

Smartphones und Fotografie - das gehört längst zusammen. Und weil das so ist, engagieren sich auch immer mehr Foto-Spezialisten im Markt mit dem Zubehör für Mobiltelefone. Allen voran Zeiss mit seinen Exolens-Modellen. Wir haben den Weitwinkel-Vorsatz ausprobiert.

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Erst kürzlich war im heise online Forum zu lesen: "Wer ein iPhone hat, braucht keine DSLR". Das sehen zwar längst nicht alle so, dennoch steht dieser Satz für einen Trend. Tatsächlich hat es Apple geschafft, das iPhone als Kamera-Alternative zu platzieren. Auch auf Foto-Plattformen wie Flickr geben die Mobiltelefone das Bild an. Sie sind hier sogar beliebter als die meisten Kameras. Dass die Smartphones den Kameramarkt unter Druck setzen, flötet schon lange durch die Branchennachrichten. Kein Wunder also, dass sich auch Fotospezialisten den Telefonen zuwenden.

An der Halterung zur Exolens gibt es ein Schraubgewinde mit dessen Hilfe das Objektiv sicher vor der Kamera des iPhone sitzt.

Mit Zeiss bietet ein Objektivhersteller ein Set an Vorsatzlinsen für das iPhone an – darunter ein Weitwinkelvorsatz, ein Makro- und ein Tele-Objektiv. Wir konnten die Weitwinkelvariante mit einem iPhone 6s ausprobieren, die im Kit mit einer entsprechenden Halterung für knapp 250 Euro ausgeliefert wird. Die Linse macht aus der Kleinbild-äquivalenten Brennweite des iPhone von 29 Millimetern noch 18 Millimeter.

Für 250 Euro gäbe es tatsächlich auch schon eine halbwegs brauchbare Kompaktkamera mit moderatem Zoom. Und die ist dann wahrscheinlich sogar noch einmal deutlich kompakter als ein iPhone mit Halterung und Objektivvorsatz.

Die Halterung der Exolens bringt gleich einen Stativanschluss mit. Das funktioniert allerdings nicht mit jedem System gleich gut. Auf unserer Manfrotto-Stativplatte fand das Exoskelett beispielsweise keinen Halt - zu wenig Auflagefläche. Mit Kugelköpfen mit Gewindeschrauben funktioniert das ganze aber prima.

Die Exolens trägt stark auf und steht sehr dominant vom Gehäuse des Smartphones ab. Hosentaschentauglich ist das nicht mehr. Die Stativ-Objektiv-Konstruktion wirkt dabei sehr stabil und belastbar. Sie besteht aus gefrästem Aluminium und besitzt auch ein Stativgewinde und einen kleinen Zubehörschuh. Dank ihrer gummierten Fassung sitzt sie stets sicher und fest am Telefon ohne dabei unschöne Kratzer zu verantworten.

Die Verarbeitung der kleinen Vorsatzlinse überzeugt uns ebenfalls. Tatsächlich sieht sie aus wie ein Mini-Zeiss-Objektiv mit dem klassischen schwarzen Metalltubus und dem blauen Logo. Sie wird auf die Halterung aufgeschraubt und sitzt ebenso bombenfest.

Ein Smartphone bleibt ein Smartphone und so sind die einstellbaren Parameter für einen Objektivtest, bei dem wir normalerweise mit Blendenreihen arbeiten, absolut überschaubar. So arbeitet das iPhone etwa nur mit einer fixer Blende f/2.2.

Mitte der c't Testszene: links: iPhone 6s mit Exolens; rechts: iPhone 6s ohne Aufsatz

Trotz der vergleichsweise geringen Einstellmöglichkeiten haben wir die Exolens an unserem Auflösungschart mit 25 Siemenssternen antreten lassen. Die Messwerte können sich dabei durchaus sehen lassen: Zentral schöpft es die mögliche Auflösung des iPhone 6s zu 93 Prozent aus – 1410 Linienpaare pro Bildhöhe (Lp/Bh). Die Randbereiche liegen hier etwa 15 Prozent zurück (gemittelt 1145 Lp/Bh). Ohne Vorsatz sieht es kaum schlechter aus. Zentral konnten wir hier 1375 Lp/Bh messen, in den Randbereichen kamen wir auf gut 1115 Lp/Bh.

Sichtbar ist dieser Mini-Vorsprung der Zeiss-Linse kaum: Die Randbereiche wirken zwar etwas kontraststärker, zeigen aber gleichzeitig eine stärkere Weitwinkel-typische Verzeichnung, auch leichte Farbsäume konnten wir an kontrastreichen Übergängen ausmachen.

Mitte der c't Testszene: links: iPhone 6s mit Exolens; rechts: iPhone 6s ohne Aufsatz

Grundsätzlich liefert die Exolens einen sehr klaren Bildlook, doch das schafft das iPhone auch allein. Was wir allerdings beobachten konnten: Mit dem Vorsatz konnte das Smartphone bei gleichen Lichtbedingungen mit etwas kürzeren Belichtungszeiten beziehungsweise niedrigeren ISO-Empfindlichkeiten arbeiten. So regelte die Automatik im Labor mit Exolens beispielsweise bei ISO 25 auf eine Belichtungszeit von 1/160 s. Ohne genehmigte sich das iPhone bei ISO 25 eine 1/130 s. Gleiches konnten wir bei standardisierten Bedingungen auch für die ISO feststellen. Mit Exolens reichte ihm beispielsweise bei 1/100 s Belichtungszeit eine ISO-Empfindlichkeit von 32. Ohne Objektivvorsatz regelte die Kameraautomatik auf ISO 40. Im besten Fall haben wir also bei unserem Kurztest eine 1/3 Blendenstufe gewonnen. Das kann bei ungünstigeren Lichtbedingungen zumindest ein kleiner Pluspunkt sein.

Der Objektivvorsatz bewirkt keine Wunder. Den Fotos sieht man nach wie vor an, dass sie vom Smartphone kommen. Sie wirken arg geschärft, übersatt und zeigen selbst bei niedrigsten Empfindlichkeiten schon Unsauberkeiten in dunklen Bereichen. Von einem natürlichen, plastischen Bildeindruck wie man ihn von besseren Kompakten oder gar Systemkameras kennt, bleiben die Fotos weit entfernt.

Fotografen gewinnen mit dem Vorsatz eine weitere Brennweite sowie eine höhere Lichtausbeute. Außerdem sind Verarbeitung und Handhabung ein weiterer Pluspunkt für das System. Hosentauglich ist es allerdings nicht und mit 250 Euro im Kit alles andere als ein Schnäppchen. Beide Bauteile können Fotografen übrigens auch einzeln kaufen. Das Objektiv liegt allein bei 180 Euro. Die Halterung kommt auf 65 Euro. (ssi)