Landgericht Bückeburg enscheidet über Abmahnungsmissbrauch

Es sei eine höchst bedenkliche Entwicklung, dass eine Vielzahl von meist kleineren Internetanbietern nicht selten durch Massenabmahnungen systematisch wegen Wettbewerbsverstößen zur Zahlung von häufig überhöhten Aufwendungen in Anspruch genommen werde.

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Von
  • Joerg Heidrich

Das Landgericht (LG) Bückeburg hatte sich in einer Entscheidung vom 22. April 2008 (Az.: 2 O 62/08) mit der Frage zu beschäftigen, wann eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung hinsichtlich der Formulierung von Geschäftsbedingungen bei eBay als rechtsmissbräuchlich einzustufen ist. Die Rechtsprechung in diesem Bereich ist seit Jahren höchst umstritten.

Antragsteller des Verfahrens ist der Inhaber eines Ladengeschäfts für Auto-Hifi-Produkte. Dieser ließ über seinen Anwalt einen Händler bei eBay abmahnen, der im Rahmen des Vertriebs von Auto-Tuning auch vereinzelt Hifi-Produkte angeboten hatte. Nachdem der Online-Händler die Abgabe einer Unterlassungserklärung für die zahlreichen monierten Punkte in seinem eBay-Auftritt verweigert hatte, wurde vor dem Landgericht Bückeburg der Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt.

In dem Urteil wiesen die Richter diesen Antrag unter Berufung auf § 8 des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) als unzulässig zurück. Danach sind wettbewerbsrechtliche Ansprüche dann unzulässig, wenn sie "unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich" sind, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dienen, "gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen".

Nach Ansicht des Landgerichts sei in dem vorliegenden Fall ein solcher Rechtsmissbrauch festzustellen. Hierfür spreche insbesondere die Tatsache, dass der eBay-Händler durch die Vorlage von Ausdrucken aus Internetforen nachweisen konnte, dass der Abmahner und sein Anwalt bereits durch eine Vielzahl von entsprechenden teuren Schreiben aufgefallen seien. Zudem decke sich der Markt der beiden Parteien nur ganz geringfügig, sodass es kaum ersichtlich sei, welches nennenswerte wirtschaftliche Interesse der Antragsteller außer der Erzielung von Gebühren an dem Rechtsstreit haben könnte. Diesem wird weiter unterstellt, eine finanzielle Beteiligung an den eingetriebenen Gebühren sei "mehr als gut denkbar".

Ein weiteres Indiz für die Annahme einer missbräuchlichen Handlung sah der Richter darin, dass der Anwalt des Abmahners in seinem Schreiben und seinem gerichtlichen Antrag einen "abenteuerlich überhöhten" Gegenstandswert von 100.000 Euro angesetzt hatte und diesen noch als "für Fälle dieser Art gering" qualifiziert hatte. Nach Ansicht des Landgerichts sei diese Handlung als Betrug und Gebührenüberhebung sogar als strafbar zu bewerten. Inzwischen wurde gegen den Rechtsanwalt des Antragstellers Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bautzen gestellt.

Es sei aus der Sicht der Kammer eine höchst bedenkliche Entwicklung, dass eine Vielzahl von meist kleineren Internetanbietern nicht selten durch Massenabmahnungen systematisch wegen Wettbewerbsverstößen zur Zahlung von häufig überhöhten Aufwendungen in Anspruch genommen werde. Dadurch sei nicht selten auch die wirtschaftliche Existenz der Betroffenen gefährdet. Diesem Rechtsmissbrauch gelte es auf Basis der gesetzlichen Regelungen entgegenzutreten. (Joerg Heidrich) / (jk)