Mailbox.org: Rechtswidrige behördliche Auskunftsanfragen stark angestiegen

Nicht nur die Gesamtmenge der Ersuchen von Ermittlern ist bei mailbox.org 2023 von 55 auf 133 nach oben geschnellt, sondern auch der Anteil der unzulässigen.

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(Bild: Michael Traitov/Shutterstock.com)

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Der E-Mail-Provider mailbox.org musste sich im vergangenen Jahr zunehmend mit Auskunftsbegehren von Strafverfolgungsbehörden auseinandersetzen, wovon zudem über ein Drittel (33,8 Prozent) nicht korrekt gestellt war. Dies geht aus dem Transparenzbericht 2023 hervor, den das Berliner Unternehmen am Dienstag veröffentlicht hat. Die Gesamtzahl der behördlichen Auskunftsanfragen ist demnach 2023 auf insgesamt 133 im Vergleich zu 55 im Vorjahr steil nach oben gegangen. Der Anbieter stufte zugleich 45 Ersuchen als rechtswidrig ein und beantwortete sie nicht. 2022 wies die Firma noch 14 zurück, was damals rund einem Viertel der gesamten Begehren entsprach.

Seit Anfang 2023 sind die berechtigten Behörden verpflichtet, Anfragen über ein spezielles E-Mail-basiertes Übermittlungsverfahren (E-Mail-ESB) oder PGP-verschlüsselte Kanäle einzureichen. Ersuchen per Fax und E-Mail mit Klartext sind nicht mehr zulässig. Trotzdem gingen laut den nun vorgelegten Zahlen bei mailbox.org über 27 Prozent aller Anfragen immer noch per unverschlüsselter Mail und sechs Prozent per Fax ein. Dieses nicht rechtskonforme Vorgehen war auch der häufigste Grund für abgelehnte Anfragen 2023. Für E-Mail-Dienste gelte die Vorgabe, nur über gesicherte Kanäle mit den Behörden zu kommunizieren, schon seit Jahren, erläuterte Geschäftsführer Peer Heinlein. Dass inzwischen wieder ein Gleichgewicht zwischen beiden Seiten herrsche, trage zum bestmöglichen Schutz der Nutzer bei.

Die 133 Anfragen stammten alle von Strafverfolgungsbehörden, wovon 130 ihren Sitz in Deutschland hatten. Zwei Ersuchen kamen aus anderen EU-Staaten, eine aus einem Drittland. Der Zoll oder Geheimdienste wandten sich nicht an mailbox.org. Bei 130 Begehren ging es um Bestandsdaten wie Telefonnummer, Name und Anschrift des Inhabers, Angaben zum Vertrag und Tarifmerkmalen. In drei Fällen wollten die Ermittler sämtliche im Postfach des Accounts befindlichen E-Mails beschlagnahmen. Fünfmal sollte die Telekommunikation für eine gewisse Zeit überwacht werden. Dabei sind alle ein- und ausgehenden E-Mails mitzuschneiden sowie an die Behörden auszuleiten. Anfragen zu Verbindungsdaten wie IP-Adressen gingen bei dem Unternehmen 2023 nicht ein.

Mailbox.org verfügt nach eigenen Angaben über einen standardisierten Prozess zur Bearbeitung und Beantwortung von Auskunftsersuchen der Behörden. Jede Anfrage werde umfangreich vom betrieblichen Datenschutzbeauftragten und Rechtsanwalt geprüft, bewertet und entsprechend beantwortet oder abgewiesen. Im Fall einer Ablehnung könne die Behörde ihren Antrag korrigieren. In jedem Fall würden Daten "nur bei rechtmäßiger und fehlerfreier Anfrage herausgegeben".

Im Juni 2019 hatte mailbox.org die Bearbeitung von Anfragen zur Telekommunikationsüberwachung aufgrund fehlender Rechtsgrundlage vorübergehend ausgesetzt. Vorausgegangen war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Zusammenhang mit Gmail: Googles Webmail-Dienst sah sich nicht als Telekommunikationsdienst und erhielt in Luxemburg Recht. Der Konzern muss damit etwa keine Schnittstellen für den Datenzugriff durch Strafverfolger vorhalten. Heinlein begrüßte nun, dass zumindest inzwischen bei mehr Behörden das Bewusstsein für die neue Rechtslage angekommen sei, wonach Anfragen nur zusätzlich abgesichert oder per Briefpost gestellt werden dürften. 2021 hatten die unverschlüsselten Ersuchen noch 61,8 Prozent ausgemacht.

(olb)