Matter kann jetzt waschen, saugen und Luft fächeln

Der Smart-Home-Standard Matter unterstützt in Version 1.2 neun weitere Gerätetypen aus dem Haushaltsbereich. Erste Hersteller planen Updates für ihre Produkte.

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Der Saug- und Wischroboter SwitchBot S10 wird eines der ersten Modelle dieser Gerätekategorie sein, das sich über Matter in Smart Home einbinden lässt.

(Bild: SwitchBot)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Berti Kolbow-Lehradt
Inhaltsverzeichnis

Außer klassischen Smart-Home-Produkten wie Licht und Zwischensteckern lassen sich in einem Matter-Netzwerk bald auch vernetzte Haushaltsgeräte der weißen Ware steuern. Die zuständige Zertifizierungsorganisation Connectivity Standards Alliance (CSA) hat die Spezifikationen des Kommunikationsprotokolls in der Matter-Version 1.2 um neun entsprechende Gerätetypen erweitert. Dazu zählen etwa Waschmaschinen, Saugroboter und Ventilatoren. Damit bestätigt sich, was die CSA im IFA-Gespräch mit heise online angekündigt hatte.

Bereits unterstützte Geräte wie Smart Locks erhalten neue Funktionen, die vor allem für in Europa verbreitete Schließmechanismen von Vorteil sind. Hersteller können bestehende und geplante Geräte sowie die übergreifenden Steuer-Plattformen jetzt nach den neuen Vorgaben von der CSA zertifizieren lassen. Finale Firmware-Updates und neue Produkte, die die zusätzlichen Matter-Funktionen unterstützen, erscheinen frühestens in ein paar Wochen und in viel größerem Maße wohl erst im Laufe des Jahres 2024.

Mit den neuen Spezifikationen macht das Kommunikationsprotokoll ein Jahr nach der Veröffentlichung von Matter 1.0 und dem symbolischen Marktstart einen großen Sprung in Richtung des universellen Smart-Home-Standards, den die Initiatoren versprochen haben. Vorangetrieben von Amazon, Apple, Google und Samsung, soll Matter die Frage nach passenden Geräten und Funkstandards erübrigen. Alles, wo Matter drinsteckt, soll sich nahtlos mit den vier großen und anderen Plattformen einrichten und bedienen lassen – egal, ob die Geräte über WLAN, Thread oder ein LAN-Gateway mit dem Heimnetz verbunden sind. Bisher beschränkt sich das auf die sechs Gerätekategorien Licht, Steckdosen und Schalter, Heiz- und Kühlthermostate, Sicherheits- und Gefahrensensoren, Fernseher sowie Funkbrücken – alles mit variierendem Funktionsumfang.

Die Spezifikationen der durch Matter 1.2 hinzugefügten Gerätetypen decken mindestens grundsätzliche Schaltfunktionen ab, darunter Status-Updates.

  • Kühlschränke können ihre Temperaturwerte an ein Matter-Netzwerk durchreichen, sodass sich die Grad-Zahl regulieren und überwachen lässt. Das gilt auch für andere verwandte Geräte wie Tiefkühltruhen sowie Wein- und Kimchi-Kühlschränke. 

  • Raumklimageräte definiert Matter jetzt als eigenständigen Produkttyp, während zuvor schon Thermostate aus dem Kühl- und Heizbereich (HVAC) Teil von Matter 1.0 waren. Unterstützt wird die Temperatur- und Ventilatorsteuerung. 

  • Geschirrspüler lassen sich fernstarten und können Updates zum Programmstatus verschicken. Ferner lassen sich Alarme durchreichen, die auf Probleme mit Wasserzufuhr und -abfluss, Temperatur und Türverriegelungsfehler zurückgehen.
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Waschmaschinen können Status-Updates etwa zum Abschluss eines Waschgangs senden. Trockner sind nicht Teil des Standards und sollen später hinzugefügt werden.
  • Staubsaugerroboter erhalten im Vergleich mehr Funktionen. Außer sie fernzustarten und sich über ihren Fortschritt zu informieren, ermöglicht Matter auch, Reinigungsmodi auszuwählen. So lässt sich etwa gezielt zwischen Saugen und Wischen wählen. Statusinformationen wie etwa zum Bürstenverschleiß, zum Restladestand oder Fehlerberichte deckt Matter 1.2 ebenfalls ab.

  • Melder für Rauch- und Kohlenmonoxidalarme können akustische und visuelle Alarmsignale durchreichen. Das gilt auch für Probealarme im Zuge von Selbsttests. Hinweise zum Batteriestatus und zum Ende der Lebensdauer sind ebenfalls spezifiziert. Zusätzlich wird die Konzentration von Kohlenmonoxid als Messwert unterstützt.

  • Luftqualitätssensoren können Messwerte von PM1, PM 2,5, PM 10, CO₂, NO₂, VOC, CO, Ozon, Radon und Formaldehyd übermitteln. Lokale Luftverschmutzungswerte basierend auf dem Air-Quality-Index reichen sie ebenfalls durch.
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Luftreiniger können wie Luftqualitätssensoren Messdaten liefern und lassen sich wie Ventilatoren oder Thermostate steuern. Status-Updates zum Verschleiß von HEPA- und Aktivkohlefilter unterstützt Matter 1.2 ebenfalls.


  • Ventilatoren definiert Matter nun als eigenständigen Gerätetyp und nicht mehr als Teil etwa von Klimaanlagen wie in der ersten Version des Standards. Dadurch lassen sich die Richtung und Geschwindigkeit des Luftstroms sowie Betriebsmodi wie Oszillation oder eine Windsimulation steuern.

Außer neuen Geräten ergänzt Matter 1.2 die dritte Schließfunktion von in Mitteleuropa gängigen Türschlössern, und zwar "Tür öffnen, ohne die Falle zu ziehen". Bisher kannte Matter nur "Auf" und "Zu".

Weitere Spezifikationen betreffen die Darstellung von Geräten und ihre Steuerung in Matter-kompatiblen Apps. So lassen sich Schalter mit mehreren Tasten und mehrflammige Beleuchtungsprodukte künftig auch mit entsprechenden Unterpunkten hinzufügen und konfigurieren. Zudem können Hersteller nun Beschreibungen zum Geräteaussehen hinterlegen, damit alle Matter-Clients etwa die Gehäusefarbe konsistent darstellen.

Ferner kann der Code semantische Tags enthalten. Dadurch lassen sich Position und Funktionen von Bestandteilen eines Geräts definieren. Das ist etwa für die Tastenbelegung von Fernbedienungen praktisch. Ein weiteres Beispiel nennt die CSA auf Nachfrage von heise online: So lassen sich auch etwa Leuchtpunkte, die als Küchenbeleuchtung getaggt sind, automatisch von einem Schalter bedienen, der der Küche zugeordnet ist. So geht das etwa schon im System von Philips Hue – aber bisher in keiner der großen Matter-Plattformen.

Bislang liegen nur wenige Informationen darüber vor, welche Hersteller von den Neuerungen der Matter-Version 1.2 Gebrauch machen wollen. Nach Recherchen von heise online haben sich Amazon, Eve, Google, Midea, Nuki, Roborock, Samsung und Tuya intensiv am Entwicklungsprozess der neuen Spezifikationen beteiligt. Welchen der neuen Gerätekategorien ihr Interesse gilt, bleibt unklar. Die meisten der genannten Marken decken mehrere ab. Amazon und Google beschränken sich auf die Steuerung von Matter-Netzwerken. Daher ist hier mit Updates für ihre Anwendungen und Controller zu rechnen.

Insgesamt halten sich die Hersteller bedeckt und geben Absichtserklärungen nicht mehr so früh ab wie noch vor einem Jahr. Die mediale Enttäuschung über bisherige Verzögerungen in Bezug auf Matter hat sie vorsichtiger werden lassen. Etwa, inwiefern Roborock die diversen Saugroboter-Modelle und den neuen Waschtrockner Zeo One mit Matter aufrüstet, ließ der Hersteller bislang unbeantwortet.

Konkreter wurde SwitchBot auf Nachfrage. Demnach soll sich der Saug- und Wischroboter S10 via Matter in Smart-Home-Systeme einbinden lassen. Der Hersteller plant, das Zusammenspiel mit dem Standard mittels eines Firmware-Updates zu ermöglichen, erklärte er gegenüber heise online. Das legt nahe, dass Matter nicht gleich zum geplanten Deutschlandstart im November verfügbar ist.

Smart-Lock-Hersteller Nuki hatte während der IFA betont, in der Gremienarbeit auf die dritte Schließfunktion hingewirkt zu haben und bei Erscheinen auch ein passendes Schloss bringen zu wollen. Konkrete Details zu einem entsprechenden Produkt sind am 7. November zu erwarten. Für dieses Datum hat der Hersteller zu einem Mediengespräch geladen.

Sofern Informationen von weiteren Herstellern bekannt werden, ergänzen wir den Artikel gegebenenfalls an dieser Stelle.

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