Zukunftstechnologien: Europa muss innovativer werden

Europa führt laut McKinsey zwar weltweit etwa bei Nachhaltigkeit, das Pro-Kopf-Einkommen sei aber viel niedriger als in den USA. Innovation ist gefragt.

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(Bild: metamorworks/Shutterstock.com)

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Europa verliert bei der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Mächten wie China und den USA an Boden. Damit könnten bis 2030 jährlich etwa 500 Milliarden bis 1 Billion Euro Wertschöpfung auf dem Spiel stehen. Dies geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des McKinsey Global Institute (MGI), also des Forschungsarms des gleichnamigen Beratungshauses, hervor. Europa ist demnach zwar eine der weltweit führenden Regionen mit Blick auf Nachhaltigkeit und soziale Teilhabe. Das Pro-Kopf-Einkommen liege jedoch 27 Prozent niedriger als in den USA.

Der MGI-Bericht stützt sich auf eine Analyse von 1000 europäischen Unternehmen. Nur ein beschleunigtes Wachstum kann den Forschern zufolge Europa helfen, wettbewerbsfähiger zu werden und so die ausgemachten Lücken zu schließen. Die Aufholjagd müsse insbesondere die sieben Schlüsselbereiche Innovation, Energie, Lieferketten, Kapital, Talent, Größe, Wettbewerb und Märkte betreffen.

Bei Spitzentechnologien führt Europa der Untersuchung zufolge nur bei Werkstoffen der nächsten Generation und klimafreundlichen Technologien. In Bereichen wie Künstliche Intelligenz (KI) und Quantencomputer liege er teils deutlich zurück. So investierte Europa 2023 nur 1,7 Milliarden US-Dollar in generative, beispielsweise auf Sprachmodellen basierende KI, verglichen mit 23 Milliarden US-Dollar in den Vereinigten Staaten. Ende 2023 habe es in den USA 35 große KI-Unternehmen gegeben, in Europa nur drei.

Der alte Kontinent sollte bei dieser Technik darauf abzielen, die Forschungs- und Entwicklungsbudgets seiner Unternehmen zu verdoppeln, um den Grundstein für zukünftiges Wachstum zu legen und damit das US-Niveau zu übertreffen, meinen die McKinsey-Forscher. Strategische Investitionen könnten es Europa ermöglichen, einen fairen Anteil an neuen Wettbewerbsfeldern wie autonomem Fahren oder KI im Gesundheitswesen zu gewinnen.

Nötig sei ein flexibler Regulierungsrahmen, "um kontinuierliches Experimentieren zu ermöglichen, Talente anzuziehen und letztendlich Anreize für die Gründung, Bindung und Anziehung von Technologieunternehmen zu schaffen", raten die Experten. Europa müsse seine Stärken wie eine hoch entwickelte industrielle Basis sowie einen Vorsprung im Design und Zugang zu strukturierten Daten voll auszuschöpfen. Generative KI könne zudem helfen, negative Fragmentierungsaspekte wie verschiedene Sprachen und veraltete IT-Architekturen zu überkommen. Da der Ausrüster ASML seinen Sitz in Europa habe und eine einzigartige Position in der globalen Halbleiter-Wertschöpfungskette einnehme, liege die Entwicklung von Spezialchips für KI nahe.

Europa sei ein offener Kontinent mit 30 Prozent weniger Handelshemmnissen als die USA und 20 Prozent weniger als China, loben die Autoren. Allerdings gerieten Lieferketten angesichts geopolitischer Spannungen unter Druck. So stehe Europa etwa nur für 10 Prozent der globalen Halbleiterlieferkette, auf die USA entfielen 35 Prozent. Auch der Fachkräftemangel in Europa verschärfe sich aufgrund der Automatisierung und des Umbaus zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Der Kontinent habe auf die Bevölkerung gerechnet jedoch 20 Prozent weniger MINT-Absolventen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) als die USA und sogar 45 Prozent weniger als Südkorea.

(olb)