Mehr Vorschläge für weniger Überwachung in den USA

Aus dem Senat gibt es einen weiteren Vorstoß zur Anpassung des "Patriot Act", während die Obama-Regierung Staatsgeheimnisse etwas enger fassen will. Bürgerrechtlern gehen die Initiativen nicht weit genug.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 7 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von

Senator Patrick Leahy hat den Reigen der Vorstöße zur Novellierung der Anti-Terror-Gesetzgebung der USA um einen eigenen Gesetzeswurf bereichert. Der sogenannte Sunset Extension Act, den der Demokrat im Vorfeld einer einschlägigen Anhörung im Senat am Mittwoch vorstellte, setzt sich vor allem für die auch von der US-Regierung befürwortete Verlängerung auslaufender Überwachungsbefugnisse aus dem Patriot Act von 2001 ein. Kompetenzen etwa für die sogenannte Roving Wiretaps, bei denen Überwachungsmaßnahmen für verschiedene Aufenthaltsorte und unterschiedliche Kommunikationsmittel eines Verdächtigen pauschal genehmigt werden, sollen aber enger und rechtsstaatlicher gefasst werden.

Weiter sieht der Entwurf vor, dass die Gültigkeit der missbrauchsanfälligen National Security Letters (NSL), mit denen das FBI ohne richterliche Kontrolle umfangreiche Datenbestände und Nutzerinformationen bei Firmen und öffentlichen Einrichtungen abfragen darf, auf vier Jahre befristet werden soll. Ferner will Leahy die formalen Schwellen für ihre Ausgabe erhöhen. Der zuletzt in den Senat eingebrachte Entwurf für einen "Judicious Use of Surveillance Tools In Counterterrorism Efforts (JUSTICE) Act" geht über diese Ansätze deutlich hinaus. So macht er sich etwa auch für die Aufhebung einer Bestimmung im US-Gesetz zum Abhören der internationalen Telekommunikation stark, die Abhörgehilfen der National Security Agency (NSA) wie Telcos pauschale Straffreiheit einräumt.

Das US-Justizministerium hat parallel eine neue Leitlinie zum Schutz von Staatsgeheimnissen aufgestellt. Bisher kann die Regierung das entsprechende Privileg sehr weit interpretieren und bei Gericht ohne große Hürden vorbringen, um Beweismaterial den Boden zu entziehen. Künftig müssen Verwaltungsangehörige einschließlich Staatsdienern in Sicherheitsbehörden den Justizminister und ein Team seiner Anwälte erst davon überzeugen, dass die Veröffentlichung sensibler Informationen der nationalen Sicherheit oder internationalen Beziehungen bedeutenden Schaden zufügen würde.

Laufende Verfahren sollen von der Änderung nicht betroffen sein. Generell würde die neue Regelung wohl auch kaum Anwendung finden etwa bei der Klage der vormaligen islamischen Wohltätigkeitsorganisation Al-Haramain Islamic Foundation gegen die US-Regierung aufgrund des Abhörprogramms der National Security Agency (NSA). In diesem Fall haben sich die Bush- und in Folge die Obama-Regierung unter Berufung auf das staatliche Geheimhaltungsprivileg dafür eingesetzt, dass ein als vertraulich eingestuftes, versehentlich an die Stiftung geschicktes Fax der Regierung nicht als Beweis dienen könne.

Generell argumentiert die Regierung von Präsident Barack Obama auch bei der Reform des Patriot Act Beobachtern zufolge nicht viel anders als die Vorgängeradministration. So erklärte der Abgesandte des Justizministeriums bei der Anhörung im Senat, David Kris, dass man etwa noch "keine Position" etwa zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle über staatliche Überwachungsprogramme habe. Wenig überrascht zeigte er sich zudem von Hinweisen aus Reihen der Senatoren, dass Anti-Terror-Kompetenzen auch intensiv zur Bekämpfung von Drogendelikten eingesetzt würden. Auf eine weitere Frage, ob aktuelle Anschlagpläne einer Reform des Patriot Act entgegenstünden, wollte sich Kris zudem nur hinter verschlossenen Türen äußern.

US-Bürgerrechtsorganisationen wie die Electronic Frontier Foundation (EFF) zeigen sich daher nicht nur von der Überarbeitung des Staatsgeheimnisschutzes enttäuscht, da damit nur die Selbstkontrolle der Regierung ein wenig gestärkt würde. Sie fordern auch eine umfassende Beschneidung des Anti-Terror-Gesetzes und eine Stärkung der Grundrechte. Bei den vorliegenden Entwürfen kann es sich ihrer Ansicht nach nur um einen Startprozess handeln. Zumindest müssten die Voraussetzungen des JUSTICE Act mit dem Vorschlag Leahys kombiniert werden. (Stefan Krempl)/ (je)