Mit Vorsicht zu genießen: Hotelkritiken im Internet

Nicht immer ausgewogene Meinungen und von den Betreibern nicht entdeckte fingierte Kommentare können die Nützlichkeit von Bewertungsportalen für Ferienunterkünfte in Frage stellen.

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Von
  • Berti Kolbow
  • dpa

Eine Reise zu buchen, ist Vertrauenssache. Wer seine Ferien fern der Heimat verbringen möchte, kann vorher nicht prüfen, ob die Katalogbeschreibung der Unterkunft auch der Urlaubswirklichkeit entspricht. Hilfreich können Lob oder Tadel von früheren Gästen sein, die Kommentare auf Bewertungsportalen im Internet hinterlassen. Doch solche Online-Kritiken sind mit Vorsicht zu genießen. "Hotelkritiken können eine gute Möglichkeit sein, sich zu informieren, wenn man sich vor der Buchung unsicher ist. Aber man muss in Betracht ziehen, dass unangenehme Erlebnisse hochgespielt oder positive Bewertungen fingiert sein können", warnt Carmen Gahmig, Rechtsreferentin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz.

Auf Bewertungsportalen wie www.holidaycheck.de oder www.hotelkritiken.de sind Tausende Kommentare zu Hotels in aller Welt zu lesen. Einige Seiten wie www.cooleferien.com bieten auch Kritiken zu Ferienhäusern und Campingplätzen, auf der Webseite www.wiewaresdort.de können auch Kreuzfahrtschiffe beurteilt werden. Nicht immer seien die Meinungen ausgewogen, sagt Gahmig. Ihrer Erfahrung nach machen vor allem unzufriedene Urlauber ihrem Frust Luft: "Wenn ich zufrieden war, ist das Bedürfnis nicht so groß, dies mitzuteilen. Eher wenn ich mich geärgert habe."

Zudem scheint es ein Kinderspiel zu sein, mit fingierten Kommentaren Häuser in unverdientem Glanz darzustellen. Die Schweizer Verbraucherzeitschrift K-Tipp mit Sitz in Zürich hat neun deutschsprachige Bewertungsportale getestet. Das Ergebnis: Acht Seiten erkannten eine aus einem Werbeprospekt abgeschriebene Hotelbewertung von Redakteur Gery Schwager nicht. "Kleinere, aus Hobby betriebene Portale können den Kontrollaufwand bei der Masse der Bewertungen oft nicht leisten", lautet sein Fazit. Hingegen erscheint bei manchen professionellen Betreibern die Distanz zum Hotelgewerbe fragwürdig. Obwohl alle Eigenwerbung von Hoteliers untersagen und sie sich zum Teil ausdrücklich als "unabhängig" bezeichnen, ermöglichen einige größere Portale gleichzeitig Online-Buchungen für Hotels. "Dass Geschäftsbeziehungen bestehen, ist nicht geheim", sagt K-Tipp-Redakteur Schwager. Dass der größere Teil der Bewertungen aus unabhängiger Feder stammt, daran zweifelt er indes nicht.

Bewertungsbetrug ist jedoch keine Seltenheit, wie die Bilanz des Portals hotelkritiken.de zeigt. Aus bisher rund 2000 abgegebenen Kommentaren seit dem Start im Jahr 2003 hat Betreiber Donovan Dunker 60 bis 70 verkappte Werbebeiträge herausgefischt. Der Essener war der einzige Betreiber im K-Tipp-Test, der den Schwindel bemerkt hat. Die häufigsten Mogelversuche stammen Dunker zufolge aus Italien und Österreich. Bei seinen Nachforschungen enttarne er in der Regel Hoteliers, deren Mitarbeiter oder beauftragte Werbeagenturen.

Gegen Manipulationsversuche hilft bei den Lesern zunächst einmal gesunder Menschenverstand: "Beschreibungen, die wie aus dem Katalog klingen, fallen einfach auf", sagt Dunker. Vorsicht sei auch geboten, wenn einer Reihe kritischer Urteile plötzlich Bewertungen folgen, die für eine Unterkunft geradezu schwärmen, sagt Verbraucherschützerin Carmen Gahmig. Generell gilt: Nur Portale, bei denen eine Registrierung notwendig ist, um Hotels zu loben oder zu tadeln, können im Zweifelsfall die Adressen der Autoren überprüfen. Auf die Art der Bewertung sollte ebenfalls Wert gelegt werden. "Noten oder Sterne haben nur eine begrenzte Aussagekraft. Kommentare sind hilfreicher. Je präziser, desto besser", erklärt K-Tipp-Redakteur Schwager. Denn: Details würden nicht so schnell erfunden. Auch eine möglichst hohe Zahl der Reiseberichte sei für eine ausgewogene Meinung wichtig. Bei weniger als fünf abgegebenen Kommentaren sei die Gefahr der Zufälligkeit groß, meint Gery Schwager.

Internet-Kritiken basieren auf persönlichen Eindrücken. Unter "eintönigem Essen" stellt sich jeder etwas anderes vor. Eine rechtliche Handhabe gegen Reiseveranstalter stellen negative Bewertungen deshalb nicht da, erläutert Carmen Gahmig. Sie berechtigen nicht zu einer kostenlosen Stornierung, hat das Amtsgericht Hannover entschieden (Az.: 508 C 3678/04). Regelmäßig beschäftigt sich die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz mit Fällen, in denen Kunden von der Buchung zurücktreten wollen, weil ihre Unterkunft im Netz schlecht weg kommt. "Wer im Internet von Mängeln am Hotel liest, sollte zunächst seinen Veranstalter darauf ansprechen", rät Gahmig. "Eventuell existiert beispielsweise eine beschriebene Baustelle gar nicht mehr. Solche Reiseberichte bilden einen engen zeitlichen Ausschnitt ab."

In den Zentralen der Reisekonzerne werden Online-Urlaubsberichte als Möglichkeit der Qualitätskontrolle verstanden. "Wir nehmen solche Äußerungen grundsätzlich ernst", erklärt etwa TUI-Sprecher Robin Zimmermann in Hannover. Noch sei kein Hotel wegen schlechter Kritiken aus dem Reisekatalog geflogen. Doch im Fall von "überproportional vielen Beschwerden handeln wir", versichert Zimmermann. (Berti Kolbow, dpa) / (jk)