Möglicher Durchbruch: Kernfusionsexperiment erzielt Rekord bei Plasmadichte​

Forscher haben bei Kernfusionsexperimenten mit einem Tokamak-Reaktor eine Plasmadichte erzeugt, die 20 Prozent über der für möglich gehaltenen Grenze liegt. ​

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Innenabsicht eines Tokamak-Donut

(Bild: General Atomics)

Lesezeit: 3 Min.

Bei Fusionsexperimenten ist es einem Forschungsteam des US-Rüstungs- und Atomkonzerns General Atomics gelungen, im Reaktor für 2,2 Sekunden eine Plasmadichte zu erreichen, die 20 Prozent über der bisher für möglich gehaltenen Grenze liegt, der sogenannten Greenwald-Dichte. Gleichzeitig verbesserten sie nach eigenen Angaben die Fähigkeit, Energie im Plasma einzuschließen, um 50 Prozent gegenüber bisherigen Standardverfahren.

Was ist die Greenwald-Dichte​?

Die Greenwald-Dichte ist eine empirische Grenze für die maximal stabile Plasmadichte in Tokamak-Fusionsreaktoren. Sie ist proportional zum Plasmastrom und hängt von Größe und Form des Reaktors ab. Wird die Greenwald-Grenze überschritten, drohen Instabilitäten und Zusammenbrüche des Plasmas ("Disruption"), die zu Schäden am Reaktor führen können. Daher wird in der Fusionsforschung die Plasmadichte sorgfältig unterhalb dieser kritischen Grenze gehalten, um sicheren und stabilen Betrieb zu gewährleisten.

Für die Experimente verwendete das Team den DIII-D-Tokamak – eine Kernfusions-Versuchsanlage des U.S. Department of Energy. Tokamaks sind donutförmige Kammern, in denen heißes Plasma – ein ionisiertes Gas – mithilfe starker Magnetfelder eingeschlossen wird. Ziel ist die Verschmelzung von Atomkernen, um daraus Fusionsenergie zu gewinnen. Je dichter das Plasma und je besser der Energieeinschluss, desto mehr Fusionsreaktionen finden statt und desto höher ist die gewonnene Energiemenge.

Ferner gelang es dem Team, gefürchtete Instabilitäten am Rand des Plasmas, sogenannte Edge-localized modes (ELMs), stark zu reduzieren. Große ELMs können die Wände des Reaktors beschädigen. Auch die Elektronentemperatur am "Divertor", der Verunreinigungen aus dem Plasma abführt, konnte laut der im Fachmagazin Nature veröffentlichten Artikel gesenkt werden. Niedrigere Temperaturen verringern dort die Erosion der Wand.

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Der Schlüssel zum Erfolg lag nach Angaben des Teams darin, einen hohen Druckunterschied im Plasma bei gleichzeitig starkem Plasmastrom zu erzeugen. Dadurch habe sich eine Art Barriere gebildet, die den Einschluss des Plasmas verbessert und gleichzeitig turbulente Vermischungen unterdrückt habe. Computersimulationen hätten die Bedeutung des Zusammenspiels von hohem Plasmadruck und optimierter Stromverteilung für diesen vielversprechenden Betriebsmodus bestätigt.

Mit ihrem Experiment konnten die Forscher zeigen, dass ein kurzzeitiger Tokamak-Betrieb möglich ist, der hohe Plasmadichte, verbesserten Energieeinschluss und zugleich nur kleine ELMs aufweist. Dies stelle einen wichtigen Schritt zu einem Arbeitspunkt für zukünftige Fusionskraftwerke dar und damit zur effizienten und wirtschaftlichen Energiegewinnung durch Kernfusion.

Weitere Untersuchungen der Forscher deuten darauf hin, dass ein als "Alpha-Stabilisierung" bezeichneter Effekt eine Schlüsselrolle spielt. Dieser trete bei hohem Plasmadruck und einer optimierten Verteilung des Plasmastroms auf. Der in dem Experiment genutzte "High-Poloidal-Beta"-Betriebsmodus sei daher besonders geeignet, um diese günstigen Bedingungen zu erreichen. Um das volle Potenzial für zukünftige Kraftwerke auszuschöpfen, müsse der gezeigte Betriebsmodus jedoch weiter optimiert werden, insbesondere im Hinblick auf Langzeitbetrieb und die Verwendung von Wolfram als Wandmaterial im Reaktor, schreibt das Forschungsteam.

Kürzlich feierte auch der südkoreanische Forschungsreaktor KSTAR (Korea Superconducting Tokamak Advanced Research) einen erfolgreichen Schritt in der Fusionsenergieforschung. Ein Experiment des Korea Institute of Fusion Energy und der National Research Council of Science & Technology erreichte Ionentemperaturen von 100 Millionen Grad Celsius für 48 Sekunden; das Plasma im "High Confinement Mode" war über 100 Sekunden stabil. Ziel ist, das Plasma für bis zu 300 Sekunden bei über 100 Millionen Grad aufrechtzuerhalten, was durch weitere technische Verbesserungen und den Einsatz Künstlicher Intelligenz unterstützt werden soll.

(vza)