Mysteriöse Erkrankungen an US-Botschaften doch Folge russischer Angriffe?

Seit Jahren leiden immer wieder Angestellte an US-Botschaften unter seltsamen Symptomen. Nun gibt es offenbare neue Spuren, die nach Russland führen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 76 Kommentare lesen
Flagge der USA

(Bild: Marian Weyo/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Auch nachdem US-Geheimdienste es für "sehr unwahrscheinlich" erklärt haben, dass mysteriöse Erkrankungen von Angestellten in US-Botschaften auf einen gegnerischen Staat zurückgehen, hat es vergangenen Sommer einen hochrangigen Beamten des US-Verteidigungsministeriums getroffen. Das hat eine Sprecherin des Pentagon am Montag bestätigt. Der Vorfall ereignete sich demnach beim Nato-Gipfel in Vilnius. Vorher hat der Spiegel gemeinsam mit anderen Magazinen Ergebnisse ausgiebiger Recherchen öffentlich gemacht, die nahelegen sollen, dass doch Angriffe eines russischen Geheimdiensts für die mysteriösen Symptome verantwortlich sein sollen. Der Kreml hat die Berichte bereits als "unbegründete Anschuldigungen der Medien" zurückgewiesen.

Der Spiegel, das US-Fernsehmagazin 60 Minutes und das Onlinemagazin The Insider hatten am Montag publik gemacht, dass die ersten Fälle der seltsamen Erkrankungen bereits 2014 aufgetreten waren, und zwar nicht in Havanna, sondern in Frankfurt am Main. Außerdem wurden in den Berichten mehrere Agenten des russischen Militärgeheimdiensts GRU direkt mit einigen dokumentierten Erkrankungen in Verbindung gebracht. Die Opfer hatten demnach immer wieder Verbindungen zu Russland, was ebenfalls als Indiz gewertet wird. Zudem verweisen die Magazine auf Forschungen in Russland an Strahlenwaffen, die für die Symptome verantwortlich sein könnten.

Die Erkrankungen sorgen seit Jahren für Spekulationen, sie werden als "Havanna-Syndrom" zusammengefasst, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen diplomatischer Vertretungen der USA und Kanadas in Havanna hatten 2016 und 2017 über Lärm aus unbekannten Quellen geklagt hatten. Der sei so ohrenbetäubend gewesen, dass sie nicht mehr arbeiten konnten. Langfristige Folgen wie Übelkeit, enorme Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafschwierigkeiten und Gehörverlust waren dazu gekommen. Schon früh war über Angriffe mit unbekannten Waffen spekuliert worden, dann waren Grillen beschuldigt worden. In einer FBI-Analyse war von einer Art Massenhysterie die Rede, aber dann hat die National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine Strahlung als plausibelste Ursache bezeichnet.

Vor einem Jahr hat das Büro der Direktorin der nationalen Nachrichtendienste (ODNI) dann erklärt, dass die meisten US-Geheimdienste nicht überzeugt waren, dass es sich um einen Angriff handelt. Hätten erste medizinische Studien nahegelegt, dass die Erkrankungen ein neuartiges Syndrom mit übereinstimmenden Symptomen darstellten, seien später methodische Schwächen dieser Analysen aufgezeigt worden. Eine neuere Analyse vorläufiger Daten habe gar nahelegt, dass es gar kein konsistentes Krankheitsbild gibt. Für Betroffene gibt es aber Entschädigungszahlungen und aus dem Verteidigungsministerium hieß es jetzt, dass die Geheimdienste neue Informationen auswerten würden, wenn es solche gebe.

(mho)