Nanocellulose vor Fabrikherstellung

Schon lange schwärmen Materialforscher von dem neuen Werkstoff, der sich aber nicht im industriellen Maßstab herstellen ließ. Nun gehen erste Manufakturen in Betrieb.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 47 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Es gibt offenbar kaum etwas, was Nanocellulose nicht kann: Wunden verschließen, Häuser isolieren, Schadstoffe filtern, Kunststoffe verstärken, Soßen verdicken. Dazu ist sie umweltfreundlich und ungefährlich. Der Chemiker Dieter Klemm, der Nanocellulose seit 15 Jahren erforscht, spricht von "einzigartigen und potenziell wertvollen Eigenschaften". Ein Wunderwerkstoff also – wäre da nicht die schwierige Herstellung. Neue Ansätze bringen das begehrte Bio-Polymer nun in Reichweite, berichtet Technology Review in seiner Juni-Ausgabe (seit Donnerstag am Kiosk oder online bestellbar).

Pflanzen synthetisieren Cellulose, den Hauptbestandteil von Holz, zwar schon seit Jahrmillionen, doch die Menschheit tat sich bisher schwer, daraus die vielseitige Nanocellulose zu gewinnen. Bisherige Verfahren bestanden meist darin, Cellulose mit chemischen Zusätzen und hohem Druck von den restlichen Pflanzenteilen zu trennen und bis in den Nanometer-Bereich aufzuspalten. Das verbraucht nicht nur viel Energie, sondern beschädigt auch die wertvollen Fasern ("Fibrillen").

Dieter Klemm forscht in zwei Spin-offs der Uni Jena, der "Polymet Jena Association" und der "Jenpolymer Materials", an medizinischen Anwendungen der Nanocellulose. Dabei nutzt er aus, dass sich die Fasernetze schon bei der Synthese in die gewünschte Form etwa als Vlies, Film oder Hohlkörper bringen lassen. Wenn er die Bakterien etwa auf einem Zylinder wachsen lässt, verbinden sich die von ihnen produzierten Fasern zu einer dichten Hülle. Entfernt man die Form, bleibt ein Röhrchen aus Nanocellulose übrig, das sich direkt als Implantat für Blutgefäße einsetzen lässt. Solche Implantate testet Klemm bereits an Tieren.

Bis zu einer wirklich breiten Anwendung von Nanocellulose sind noch weitere Hürden zu nehmen. So können verschiedene Bakterienstämme, Kultivierungs- und Aufarbeitungsverfahren zu Nanocellulose mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften führen. "Diese Parameter müssen Teil eines standardisierten Verfahrens werden", sagt Klemm.

Mehr zum Thema in Technology Review online:

(bsc)