Nassplatten und neue Alphas – die Fotonews der Woche 35/2023

Gleich zwei neue Sony-Kameras kommen auf den Markt, Tamron hat ein weiteres Z-Objektiv, und uralte Techniken lassen sich für Kunst mit modernsten kombinieren.

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Die Minolta SR-2 von 1958 prägte das klassische Design einer Spiegelreflex

(Bild: Jan von Erpecom CC BY-SA 3.0)

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Nico Ernst
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Es ist IFA-Wochenende – und damit Zeit für Fernseher, Fernseher, und: noch mehr Fernseher. Und Smartphones. Das sind die Schwerpunkte der Messe in Berlin, nicht die Fotografie. Das macht aber gar nichts, denn der Fotomarkt hat seine eigenen Events, und selbst auf der IFA findet sich das ein oder andere Gadget, das auch Fotografen nutzen können.

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Ein solches ist der HDR-Beamer namens "Horizon Ultra" von Xgimi. Er ist recht farbstark und auch in der Aufstellung unproblematisch, weil er Laserlicht mit LED-Beleuchtung kombiniert. Damit kann er sich selbst auf die Leinwand ausrichten, ohne großen Schärfeverlust. Wer Fotos oder Filme mobil vorführt, lernt den Nutzen solcher kleinen Beamer schnell schätzen, denn die exakt plane Aufstellung zur Leinwand entfällt. Zwar bietet der Horizon, wie die meisten DLP-Beamer, kein echtes 4K, aber eben sehr statte Farben, auch mit Dolby Vision.

Dafür müssen aber zuerst passende Fotos her, und dafür erscheinen außerhalb der großen Fotomessen im Frühling und Herbst neue Kameras. In dieser Woche war es mit den Nachfolgemodellen der kompakten Vollformat-Alpha von Sony so weit. Dabei gabelt sich die Produktlinie: Es gibt nach der bisherigen Alpha 7C eine Alpha 7C II und eine Alpha 7R. R steht bei Sony immer für "Resolution", also hat dieses Modell den 61-Megapixel-Sensor der Alpha 7R V. Die Mark II der bisherigen 7C kommt auf 33 statt vorher 24 Megapixel.

Alle Details finden sich in einer ausführlichen Meldung, daher hier nur der Hinweis auf die Film- und Vlogging-Eigenschaften – denn die baut Sony neben den dafür ausdrücklich vorgesehenen Modellen wie der ZV-1 II auch in die größeren Kameras ein. Der Trend wird so konsequent verfolgt wie bei kaum einem anderen Hersteller. So haben beide neuen Alpha 7C ein klapp- und schwenkbares Display, und sie arbeiten per USB-C als 4K-Webcam. Allein das kann für die wachsende Zahl der Webvideo-Produzenten den Ausschlag geben: Eine kompakte Kamera für unterwegs, die auch zum Streaming dient.

Dazu passt, dass auch das neu aufgelegte Weitwinkel mit 16-35 mm f/2.8 einen De-Clicking-Modus hat. Die Blende rastet dann nicht in Stufen ein, klickt also nicht, was beim Filmen stören würde. Übrigens: Im Gegensatz zu den ultrakompakten und günstigeren Modellen wie der Nikon Z30 haben die neuen Alphas auch einen Sucher, was man von vorn nicht sofort sieht, sie sind also auch zum konzentrierten Fotografieren vor dem Auge geeignet.

Mit großen und schweren Teles arbeiten Fotografen schon aus rein haptischen Gründen meist mit dem Sucher. Unter diesen findet sich nun eine weitere recht interessante Linse, die es bisher nur für Sonys E-Mount gab, – nun auch für den Z-Mount von Nikon: Das 35-150mm f/2.0-2.8 von Tamron. Es ist ein weiterer Beleg für die engere Zusammenarbeit zwischen der beiden Firmen, und die in den letzten Jahren oft verspottete Nikon-Steuer fällt moderat aus. Die UVP ist nur 100 Euro höher als bei der Sony-Version, was auch dem Neuheitsfaktor und der Inflation geschuldet sein kann. Trotzdem sind 2000 Euro schon eine Ansage, dafür gibt es fast das übliche Profi-Tele mit 70-200 Millimetern. Dem hat das Tamron den Normalbereich mit f/2.0 statt f/2.8 voraus, man muss eben wieder einmal wissen, was man will.

Und das gilt auch, wenn man sich ein Lensbaby auf die Kamera schraubt – das sind experimentelle Objektive für Experimentierfreudige. Damit lassen sich Effekte wie ein sich drehendes Bokeh gleich in der Kamera erzeugen, nicht erst im Anschluss am PC. Um ein Motiv vor Ort in Szene zu setzen, eben mit der Bildgestaltung zu spielen, ist das immer noch viel schneller als eine mühsame Nachbearbeitung. Und mit mehreren Schärfeebenen, die sich untereinander verschieben lassen, zu arbeiten, ist mit einem einfachen Dreh am Objektiv auch viel intuitiver als mit vielen Klicks.

Der haptische Faktor, das Gestalten mit den Händen, macht auch mit einem Hightech-Klotz in der Hand viel vom Reiz des Fotografierens aus. Und ganz Handwerk wird es, wenn man die Kamera gleich selbst baut, wie das vor Kurzem unser Autor Markus Hofstätter getan hat. Er arbeitet viel mit Großformatkameras, die man sich im Wesentlichen auch aus zwei Euroboxen und einem alten Projektionsobjektiv vom Gebrauchtmarkt basteln kann. Was Hofstätter sonst mit den großen Kameras für große Fotos anstellt, zeigt er am 13. Oktober im Ars Electronica Center im österreichischen Linz.

Dort gibt es dann den Vortrag "Deep Space Lecture", der nichts mit Astrofotografie zu tun hat. Vielmehr ist "Deep Space" der Name einer neuen Vorführungsinstallation des Museums, die rund um einen 8K-Laserprojektor gebaut wurde. Auf 16 mal 9 Metern werden so die extrem hoch aufgelösten Porträts von Hofstätter nahezu greifbar. Er stellt sie im Nassplattenverfahren her, kombiniert also eine gut 170 Jahre alte Technik mit Laserprojektion. Der Vortrag ist kein Teil des Festivals Ars Electronica, das findet bereits vom 6. bis 10. September statt, sondern eine eigene Veranstaltung.

Eher in die Mitte der Geschichte fällt unsere Empfehlung für einen Long Read zum Wochenende. Es geht um die inzwischen untergegangene Marke Minolta. Deren Reste hatte 2005 Sony aufgekauft, welche die Basis für den Erfolg der Alpha-Kameras darstellten. Heute weniger bekannt ist, dass von Minolta viele bahnbrechende Innovationen kamen wie die erste Kamera mit Autofokus und motorischem Filmtransport. Das war mit der Maxxum 7000 der Fall, die 1985 auf den Markt kam. Und schon 1958, also deutlich vor beispielsweise in Deutschland Leica, prägte Minolta das Design der japanischen Spiegelreflexkamera mit Pentaprisma. Da erschien die Kamera SR-2, die auch das Titelbild dieser Kolumne zeigt. Die allererste Spiegelreflex mit Wechselobjektiv und 35mm-Film war jedoch die Rectaflex aus Italien.

Minoltas SR-2 kam nur ein Jahr nach der ersten derartigen japanischen Konstruktion überhaupt, die von Pentax stammte. Minolta änderte aber das Design so, dass der silberne Streifen oben über dem sonst schwarzen Body saß. Zahllose Canons, Nikons und Leicas sahen danach ähnlich elegant aus. Und in den 1960er- bis 80er-Jahren war eine Minolta für Profis wie ambitionierte Amateure oft auch die Kamera der Wahl neben den heute übrig gebliebenen großen Marken. Wie das alles kam, haben die Kollegen von Petapixel mit vielen Hintergrundinformationen und Bildern lesenswert aufgeschrieben.

Update

Anders als ursprünglich beschrieben, war die SR-2 nicht die zweite Spiegelreflex mit Pentaprisma, sondern nur die zweite derartige Kamera eines japanischen Herstellers. Die entsprechende Passage wurde korrigiert

(cbr)