Natürlich und artifiziell: Die Bilder der Woche KW 13

Ob Motive aus der Natur oder von Menschen geschaffen – beides hat seinen Reiz, führt aber zu unterschiedlichen Ergebnissen. Doch es gibt eine Gemeinsamkeit.

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(Bild: pic)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Tom Leon Zacharek

Der eine geht lieber in die Natur und fotografiert Tiere, der andere in die Stadt, um interessante Gebäude oder Strukturen zu finden. Ob es sich dabei um eine bewusste Entscheidung oder unterbewusste Vorlieben handelt, ist nicht relevant. Wichtig ist, dass man Spaß auf dem Weg zum Foto hat, das am Ende entsteht. Denn darum sollte es bei der Fotografie gehen – einen Ausdruck für die eigene Kreativität finden. Das ist die Gemeinsamkeit aller Aufnahmen, die entstehen.

c't Fotografie 3/24

Schaut man sich die Bilder dieser Woche an, fällt sofort ins Auge, wer welche Motive bevorzugt. Und auch die Gründe, warum gerade dieses eine fotografiert wurde, lassen sich erahnen.

Rotation

(Bild: Katzenfutter)

Wer denkt schon an das Ergebnis einer Langzeitbelichtung, wenn er oder sie auf der Suche nach einem Motiv ist. Doch ein Straßenfotograf wie Florian Dehn (Katzenfutter) erkennt das Potenzial bestimmter Elemente. In seinem Bild Rotation nutzt er die Beleuchtung eines Fahrgeschäfts auf dem Faselmarkt in Butzbach. Über sein Interesse daran erzählt er: "Jahrmärkte begeistern seit jeher durch Farben, Lichter und Bewegung. Dieses Bild zeigt ein Fahrgeschäft, das durch schnelle Rotation und große Fliehkräfte besticht (so wirbt der Schausteller). Licht und Farben, dazu Bewegung, das alles eingefroren durch die lange Belichtungszeit. Etwas mehr Perspektive bekommt das Foto durch ein durch die Szene fahrendes Auto mit den roten Rückleuchten. Langzeitbelichtungen wirkten auf mich schon immer sehr reizvoll – vier Dimensionen, auf einem Foto abgebildet."

'r o u n d ° m i d n i g h t

(Bild: Joachim Kiner)

Joachim Kiner wurde in einem Stuttgarter Kaufhaus auf die Deckenbeleuchtung aufmerksam. Sein Bild 'r o u n d ° m i d n i g h t' stellt die Lampen als abstrakte Formen dar. Die sich überschneidenden Kreise, die durch den Bildausschnitt nicht ganz vollständig sind, haben einen Reiz, der schwer zu greifen ist. Man kann jedoch nachvollziehen, warum der Autor dieses Motiv für interessant genug hielt, um es zu fotografieren. Die geschwungenen Linien und der Kontrast zum schwarzen Hintergrund schaffen eine minimalistische Komposition, die dynamisch ist, aber subtil.

Putzstunde

(Bild: bild0815)

Sehr passend betitelte bild0815 seine Aufnahme mit Putzstunde. Über die Situation, in der er sein Motiv fand, erzählt er: "Die aufgehende Sonne vergoldete das Schilf an diesem kalten Morgen. Es war sehr schön, von dem Graureiher während seiner Gefiederpflege ignoriert zu werden. Offensichtlich hatte er seine erste Mahlzeit schon vertilgt und genoss sichtlich die wärmenden Sonnenstrahlen. Das habe ich versucht, im Bild festzuhalten."

Auch wenn in dieser Aufnahme Natur und Tier im Vordergrund stehen, lenkt das menschengemachte Holzgeländer den Blick und den Fokus klar auf den imposanten Vogel. Hier zeigt sich, dass eine Kombination aus natürlichen und künstlichen Elementen miteinander harmonieren kann, wie wir später noch sehen werden.

Fiona Franzen

(Bild: Fotopublikation)

Auch der Fotograf Frank Hoffmann (Fotopublikation) verbindet in seinem Porträt von Fiona Franzen im weitesten Sinne natürliche und von Menschenhand geschaffene Elemente. Einerseits ist der Mensch an sich ein von der Natur geschaffenes Wesen, andererseits trägt er Kleidung, die in die Kategorie 'künstlich' fällt. Man kann also auch hier von einer Mischung sprechen.

Die Pose des Modells wirkt elegant und der Arm bildet eine geschwungene Linie, die den Kopf umrahmt. Durch den schwarz-weißen Stil kommen die Sommersprossen wie andere Gesichtsmerkmale gut zur Geltung. "Das Bild entstand zum Ende des Fototermins. Da entstehen meist die besten Bilder, weil man sich dann aufeinander eingestellt hat und die Atmosphäre etwas lockerer ist. Mir gefällt das Bild sehr, weil Fiona einen sehr entspannten Eindruck macht", sagt Frank Hoffmann selbst über seine Aufnahme.

Japan

(Bild: K P K)

Klaus-Peter Kubik (K P K) musste für sein Bild eine etwas andere Perspektive einnehmen und berichtet dazu: "Das Foto Japan ist in Frankfurt am Main entstanden und zeigt den Blick nach oben im Eingangsbereich des mehr als 115 Meter hohen Japan Centers, einem Hochhaus im Bankenviertel von Frankfurt. Erst wenn man nach oben schaut, zeigen sich die besonderen architektonischen Details dieses Gebäudes".

Interessant wird diese Komposition durch die Symmetrie. Da ausschließlich gerade Linien und artifizielle Elemente eingesetzt werden, entsteht ein industrieller Charme, der den Betrachter gut nachvollziehen lässt, was es bedeutet, in einer Großstadt wie Frankfurt unterwegs zu sein.

Licht und Schatten Leipzig

(Bild: NAlois)

Viele Details und Symmetrie bietet auch die Aufnahme Licht und Schatten Leipzig von NAlois. Sie zeigt einen Ausschnitt des Leipziger Hauptbahnhofs. Das Weitwinkelobjektiv eignete sich daher sichtbar für eine gelungene Komposition. Zusätzlich sorgt das im Titel angesprochene Licht, das durch die großen Fenster der Eingangshalle fällt, für starke Kontraste auf dem Boden. Die Menschen beleben die Szene zusätzlich und geben dem Betrachter das Gefühl, den ganz normalen Alltag in einem solchen Bahnhof zu beobachten. Auffallend sind die feinen, aber klar strukturierten Verzierungen an der Decke, die ein Gegengewicht zu dem eher chaotischen unteren Teil des Bildes darstellen.

streetart

(Bild: pic)

Minimalistisch ist das Motiv streetart von pic. Die größtenteils verdeckten Figuren ziehen die Aufmerksamkeit auf sich, indem sie das Muster der gleichartigen Pfeiler unterbrechen und die Künstlichkeit stören. Die sichtbaren Linien lenken den Blick auf die beiden Personen, die sich mit einem Getränk in der Hand offensichtlich eine Pause gönnen. Der große Negativraum rechts lenkt die Aufmerksamkeit zusätzlich auf die Beine, die aufgrund des fehlenden Rests der Körper, wie entfremdet wirken und dem Bild etwas Abstraktes verleihen.

Alle "Bilder des Tages" der vergangenen Woche finden Sie in unserer Bilderstrecke:

Die Bilder der Woche KW 13 (7 Bilder)

Samstag: Rotation

LEICA M11 | 28 mm | ISO 64 | f/4 | 8 s
(Bild: Katzenfutter)

(cbr)