Netapp will mit Partnern über das ganze Portfolio wachsen

Das erweiterte Produktportfolio rund um das optimierte Storage-OS Clustered Data ONTAP soll neue Kundensegmente erschließen und Partnern insbesondere im Service-Provider-Umfeld neue Geschäftsfelder öffnen. Der Weg dahin wird aber nicht ganz stressfrei.

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Will Partner dafür gewinnen, das ganze Netapp-Portfolio zu vermarkten: Peter Howard, VP WW Channel Strategy & Sales, Netapp

Das Geschäftsjahr 2013 konnte Netapp Ende April mit einem Umsatz von 6,33 Milliarden US-Dollar knapp über Vorjahresniveau abschließen (6,23 Milliarden Dollar). Einem weltweiten Plus von gut 1,5 Prozent steht in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA) ein Wachstum von rund 8 Prozent gegenüber, das der Hersteller nicht zuletzt dem Engagement seiner Channel-Partner zu verdanken hat – denn die tragen zu mehr als 80 Prozent zu den Erlösen des Storage-Spezialisten bei. Vor zwei Jahren waren es nur 72 Prozent, 2004 überwog gar noch das Direktgeschäft. In einzelnen europäischen Ländern liegt der Anteil heute zum Teil aber noch deutlich höher – jenseits von 90 Prozent. Erklärtes Ziel von Peter Howard, seit kurzem als neuer Vice President Worldwide Channel Strategy & Sales für einen Großteil des weltweiten Partnergeschäfts verantwortlich, ist es, den Umsatz über den Channel nachhaltig auszubauen: "Unsere Partner sind der entscheidende Faktor, wenn es darum geht, unseren zum Teil deutlich größeren Wettbewerbern Marktanteile abzunehmen", erklärt Howard gegenüber heise resale.

Während Netapp in der Region EMEA – insbesondere auch im Partnergeschäft – schon auf einem guten Weg sei, will Howard den Channel dennoch generell weiter ausbauen. Nicht notwendigerweise durch Rekrutierung neuer Partner, sondern primär über den gezielten Ausbau des vermarkteten Portfolios. Denn Netapp versteht sich mittlerweile als Portfolio Company, die ein breites Spektrum von Produkten und Lösungen zu bieten habe – darunter nicht nur die klassischen Storage-Systeme der FAS-Reihe, sondern auch das Storage-OS Clustered Data ONTAP sowie die neueren Flash-Speicher der E-Serie. "In der Vergangenheit wurden wir häufig auf ein Kernprodukt reduziert", räumt Thomas Ehrlich, Vice President Partners & Pathways EMEA, im Gespräch mit heise resale ein. In der Historie des Unternehmens war es auch zweifellos der Filer, mit dem Netapp den Storage-Markt erobert hat. Und am Anspruch, ein breites Spektrum an Funktionalität in "einer Box" anbieten zu können, hält das Unternehmen auch weiterhin fest.

Netapp EMEA Partner & Pathways Summit – Awards 2013 (12 Bilder)

Venedig mit dem Markus-Platz

war Austragungsort des diesjährigen Netapp EMEA Partner & Pathways Summit

"Aber wir verfügen heute über ein Portfolio verschiedenster Produkte, die sich in unterschiedlichen Kombinationen nahtlos zu spezifischen Lösungen integrieren lassen, um den jeweiligen Anforderungen der Kunden gerecht zu werden", ergänzt Ehrlich. Den Fokus richtet der Hersteller dabei auf sein Storage-OS Clustered Data ONTAP, das mittlerweile in Version 8.2 vorliegt. Laut IDC belegte Netapp im Kalenderjahr 2012 mit seinem Speicherbetriebssystem Rang 1 in der Kategorie "Branded Storage Operating System" im Open Networked Disk Storage Systems Markt. Nach Umsatz kam Data ONTAP auf einen Marktanteil von knapp 16 Prozent, im Hinblick auf die verwaltete Speicherkapazität lag der Anteil bei gut 21 Prozent. Obwohl das OS in der cluster-fähigen Version 8 – vor 3 Jahren floss das aus der Spinnaker-Akquisition hervorgegangene ONTAP GX mit ein – nun bereits geraume Zeit im Markt verfügbar ist, nehmen viele Kunden das Betriebssystem noch eher zögerlich an. Das bestätigen auch einige der auf dem jüngsten EMEA Partner Summit 2013 in Venedig versammelten Netapp-Partner.

Gründe dafür sieht Channel-Manager Howard primär in der Tatsache, dass die ersten 8er-Versionen von Data ONTAP zwar neue Funktionen hinsichtlich Cluster-Fähigkeit, unterbrechungsfreiem Betrieb und quasi unbegrenzter Skalierbarkeit boten, nicht aber den kompletten von Version 7 bekannten Funktionsumfang boten. "Viele Kunden zeigen sich deswegen abwartend – sie wollen erst umsteigen, wenn Version 8 in allen Belangen gleichzieht", räumt Howard ein. "Das ist für uns auch okay. Denn mit Clustered Data ONTAP zielen wir bisher ja primär auf neue Einsatzbereiche, neue Workloads ab, die Netapp in der Vergangenheit nicht adressiert hat."

Nach Howards Einschätzung entfaltet Clustered Data ONTAP 8.2 sein Potenzial optimal in Verbindung mit den integrierten FlexPod-Lösungen. "Bereits 40 Prozent aller FlexPod-Installationen sind mit Version 8.2 ausgestattet", versichert der Netapp-Manager. Hier zeige sich deutlich der Trend in Richtung "Software Defined Storage", mit weitestgehend automatisiertem Management. Insgesamt kommt Clustered Data ONTAP 8.2 derzeit in 70 Prozent aller Fälle bei Workloads – also Anwendungsgebieten – zum Einsatz, die Netapp bisher nicht abgedeckt hatte. Weltweit nutzen bereits über 1000 Kunden das neue System. "Wir gewinnen damit also Marktanteile. Und in den nächsten 12 bis 24 Monaten werden wir dann auch den Funktionsumfang von Version 8 und Mode 7 vollständig angeglichen haben", verspricht Howard. "Version 8.2 war hierbei schon ein wesentlicher Schritt. Im Herbst wird eine nächste neue Version die Lücke weiter schließen."

Thomas Stanley, Netapps Vice President Alliances & System Integrators und damit frisch gebackener Nachfolger von Julie Parrish, stellt derweil die Weichen für profitables Wachstum und den Ausbau der Marktanteile. Auf die Partner kommen dabei allerdings unter Umständen grundlegende Einschnitte in ihre angestammten Geschäftsmodelle zu. Denn eine neue Klasse von IT-Service-Providern verändert die Kräfteverhältnisse im Markt gerade nachhaltig, wie Chris Morgan, Senior Director Emerging Channels bei Netapp, am Beispiel von Amazon deutlich macht: "Erst vergangene Woche hat IBM einen 600-Millionen-Dollar-Deal bei der CIA verloren – gegen Amazon. Und das, obwohl Amazons Angebot sogar bis zu 30 Prozent teurer war." Den Ausschlag habe in diesem Fall aber die von Amazon ins Spiel gebrachte Technologie gegeben. "Vom Einsatz der Amazon-Technologie erhofft sich die CIA einen entscheidenden Vorteil." Nicht ohne Grund wachse die Popularität beispielsweise der Amazon Web Services (AWS) auf Kundenseite ungebrochen.

Für den Channel ergäben sich dadurch aber große Chancen, ist Morgan überzeugt. Denn das Service-Provider-Geschäft sei selbst auf dem Niveau wie es von Amazon betrieben würde, margenschwach. "Amazon verdient damit kein Geld, Salesforce.com schafft das gerade eben so", erklärt Morgan. Netapp habe daher schon vor circa 3 Jahren das Service Provider-Programm auf den Weg gebracht, das Partnern die notwendige Unterstützung bei der Vermarktung von Services bereitstellen soll. "Denn, Services zu verkaufen, erfordert in vielen Fällen ein komplett neues Geschäftsmodell, weil sich die Wertschöpfung zum Teil über Jahre verteilt", erläutert Netapp-Manager Ehrlich. Anders als bei klassischen Infrastrukturprojekten, die dem Reseller zu einem festen Termin einen einzelnen hohen Umsatz bescherten, muss beim Service-Modell eine langfristige Kalkulationsgrundlage gelegt werden. Im Zweifelsfall muss der Partner zudem in Vorleistung gehen – dann drohen rasch Liquiditätsengpässe. "Hier helfen wir mit finanzieller Unterstützung und auch bei der Anschaffung der Systeme kommen wir unseren Partnern mit Sonderkonditionen entgegen", ergänzt Ehrlich.

Die erhöhten Anforderungen seitens der Kunden verstärken den Stress beim Partner: Thomas Ehrlich, VP Partners & Pathways EMEA, Netapp

(Bild: Netapp)

Die eigentliche Herausforderung für jeden Partner besteht aber darin, ein für seine individuellen Kompetenzen und Fähigkeiten profitables Geschäftsmodell in der mehr und mehr von Services geprägten IT-Branche zu definieren. Reseller und Systemhäuser müssen dabei stärker in die Rolle des Beraters und Brokers für den Kunden wachsen, der bei Konzeption, Implementierung und gegebenenfalls dem Betrieb einer individuellen Lösung für das Geschäftsmodell des Kunden unterstützt. Der damit verbundene – in vollem Gange befindliche – Wandlungsprozess in der Branche sorgt derweil für vermehrten Stress bei den Partnern. Denn von Kundenseite wird der Handel nicht länger nur mit der Ausarbeitung von Angeboten für klassische Infrastrukturprojekte konfrontiert, sondern muss auch parallel dazu passende Kalkulationen für Service- und Mietmodelle aufstellen, um sich im zunehmenden Wettbewerb adäquat positionieren zu können.

"Wenn sich der Kunde dann am Ende doch für eine klassische Storage-Konsolidierung entscheidet, war aus Partnersicht ein erheblicher Mehraufwand für die Service-Kalkulationen natürlich umsonst", räumt Ehrlich ein. Umso wichtiger sei es, dass sich jeder Partner grundlegend über seine persönliche Ausrichtung im Klaren werde und die individuellen Kompetenzen bei der Definition eines profitablen Geschäftsmodells berücksichtige. Denn beispielsweise ist es nicht in allen Fällen sinnvoll, sämtliche Leistungen für den Kunden selbst zu erbringen. Mit Blick auf eine kalkulierbare Marge und überschaubare eigene Kosten, kann es die bessere Alternative sein, Dienstleistungen schlicht als White-Label-Service wiederzuverkaufen. Zumal sich auch auf Kundenseite die Anforderungen binnen kurzer Zeit radikal ändern können, wie das Beispiel des Netapp-Kunden Langenscheidt deutlich macht. Die IT des Unternehmens war jahrzehntelang primär auf das Desktop-Publishing für die Produktion von Wörterbüchern ausgelegt. Im Zeitalter des Smartphones musste der Verlag jedoch seine Ressourcen zunehmend auf das attraktivere Geschäft mit Apps verlagern. "Heute steht bei Langenscheidt die Entwicklung und Pflege von Apps im Vordergrund. Das erfordert eine komplett andere IT-Infrastruktur", erläutert Ehrlich. (map)