Netzausbau: Für mehr als die Hälfte der Haushalte ist Gigabit eine Option

28,8 Millionen Gigabit-Anschlüsse sollen bis Ende des Jahres verfügbar sein, erwartet der Branchenverband VATM. Immer mehr Haushalte buchen über 250 MBit/s.

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Glasfaseranschluss der Deutschen Telekom.

Glasfaseranschluss der Deutschen Telekom.

(Bild: heise online)

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Bei den verfügbaren gigabitfähigen Anschlüssen über TV-Kabel oder Glasfaser (FTTB/H) geht es in Deutschland in diesem Jahr voran. Mit 28,8 Millionen solcher schnellen Anschlüsse sollen bis Ende 2020 rund 62 Prozent der Haushalte hierzulande prinzipiell Gigabit-Netze buchen können, prognostiziert der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM). Das sind 56 Prozent mehr als 2019. Tatsächlich genutzt werden davon aber voraussichtlich nur 8,3 Millionen (28,8 Prozent).

Mit rund einer Million neu gebuchter Glasfaseranschlüsse innerhalb eines Jahres erwartet der Branchenverband einen neuen Höchststand bei FTTH/B. Dies geht aus der Marktanalyse 2020 hervor, die der VATM zusammen mit dem Beratungshaus Dialog Consult am Dienstag vorgestellt hat. Die Zahlen decken sich teils mit der jüngst veröffentlichten Marktübersicht des Bundesverbands Breitband (Breko).

Die Anzahl der verfügbaren "echten" Glasfaseranschlüsse wächst demnach um fast ein Viertel auf 5,1 Millionen. Mehr als ein Drittel der prinzipiell erhältlichen FTTB/H-Anschlüsse werden von den Kunden tatsächlich genutzt: Die Zahl der gebuchten Glasfaserleitungen ist seit Ende 2019 um 31 Prozent auf knapp 1,9 Millionen gestiegen. 3,2 Millionen beziehungsweise 63,4 Prozent sind aber nicht aktiv. Studienleiter Torsten Gerpott spricht bei Glasfaser von einer "Take-up-Rate von knapp 50 Prozent" bei den Wettbewerbern, während die Telekom auf eine von unter 20 Prozent komme.

Die Kabelanbieter haben ihre Koaxialnetze weiter auf Docsis 3.1 ausgebaut und die Geschwindigkeit so hochgeschraubt. Die Zahl der über sie verfügbaren gigabitfähigen Anschlüsse soll Ende 2020 um 65 Prozent gegenüber dem Vorjahr von 14,35 auf 23,7 Millionen nach oben gehen. Insgesamt stammen dann neun von zehn der Gigabit-Leitungen von den alternativen Anbietern.

Die Zahl der Haushalte, die mehr als 250 MBit/s buchen, verdoppelt sich von 1,3 auf 2,9 Millionen. Der Anteil der nachgefragten Festnetzanschlüsse mit mindestens 50 MBit/s im Downstream soll 2020 auf fast 47 Prozent wachsen.

Der Datenhunger nimmt der Studie zufolge weiter rasant zu: Im Festnetz würden 2020 insgesamt 72 Milliarden Gigabyte (GB) verschickt oder heruntergeladen – 28,6 Prozent mehr als 2019. Das durchschnittliche Datenvolumen pro Anschluss und Monat beträgt bei einem Plus von 25 Prozent 168 GB. Laut Gerpott gibt es aber keinen "signifikanten Corona-Effekt auf den Datenbedarf".

Im Mobilfunk werden die Nutzer 2020 insgesamt rund 5,2 Milliarden GB übertragen und damit 52,9 Prozent mehr als im Vorjahr, geht aus der Studie hervor. Pro Monat verbraucht der Durchschnittsnutzer rund 3 GB. Die Anzahl der 5G-fähigen SIM-Karten soll bis Ende des Jahres bei 4,2 Millionen liegen. 361 Millionen Minuten täglich werde bis dahin klassisch mobil telefoniert, was nach einem Rückgang in den vergangenen zwei Jahren einem Plus von 16 Millionen entspricht. Dazu kommen 213 Millionen Sprachminuten (+18 Millionen) über alternative Dienste wie WhatsApp, Skype, Google Duo oder Apple Facetime. Insgesamt kommt der Mobilfunk so auf einen Anteil von mehr als 70 Prozent der Sprachtelefonie.

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Der Gesamtumsatz der Branche steigt laut der Prognose 2020 leicht um ein Prozent auf 58,9 Milliarden Euro. Die Erlöse im Mobilfunkmarkt wachsen um 0,4 Milliarden auf 25,9 Milliarden Euro. Ähnlich wie im Vorjahr entfallen 17,7 Milliarden Euro auf die Wettbewerber, 8,2 auf die Telekom. Im Festnetzmarkt sollen die Unternehmen stabil 33 Milliarden Euro umsetzen, wobei die Telekom leicht zulegen dürfte auf 13,9 Milliarden Euro. Der Bonner Konzern mache hier "einen guten Job", lobte Gerpott. Die Wettbewerber verbuchen in diesem Sektor ohne Kabelnetze dieses Jahr 12,9 Milliarden. Der Kabelmarkt wächst erneut um 0,2 auf 6,2 Milliarden Euro.

VATM-Präsident Martin Witt sorgte sich trotz der insgesamt positiven Marktentwicklung über anstehende wichtige politische und regulatorische Weichenstellungen vor allem mit der geplanten weiteren Reform des Telekommunikationsgesetzes (TKG): "Starker Wettbewerb und eigenwirtschaftlicher Ausbau drohen durch falsche Förderung und einseitige Unterstützung der Telekom aufs Spiel gesetzt zu werden." Bei der von der Bundesregierung mit der EU-Kommission vereinbarten Förderung zum Schließen "grauer", noch nicht über hohe Bandbreiten verfügende Flecken warnte Witt vor der Gefahr, "dass Milliarden von Steuergeldern nicht bedarfsgerecht den Ausbau voranbringen, sondern ihn verteuern und sogar wieder verlangsamen".

(vbr)