Nigerianische ID-Karte geht in den Testbetrieb

ID-Ausweis, Bankkarte und 10 weitere Anwendungen: In Nigeria hat der Testbetrieb für ein höchst anspruchsvolles Smartcard-Projekt begonnen. 13 Millionen Nigerianer sollen mit dem System arbeiten, ehe die Karte landesweit ausgegeben wird.

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Von
  • Detlef Borchers

Mit der Übergabe der ersten Smartcard an den nigerianischen Präsidenten Goodluck Ebele Jonathan hat in Nigeria der Testbetrieb einer universell nutzbaren Smartcard begonnen. Das von der National Identity Management Commission (NIMC) geleitete Projekt soll in einem ersten Schritt 13 Millionen RFID-Smartcards mit einer biometrischen Identifikation ausgeben, bevor alle 130 Millionen Erwachsene eine bekommen. Der staatliche ID-Ausweis soll gleichzeitig als Führerschein, Lohnsteuer-, Sozialversicherungs- und Krankenkarte, als Rentennachweis und als Registrierungskarte für elektronische Wahlen fungieren. In Zusammenspiel mit der Kreditkartenfirma Mastercard sollen zudem alle erwachsenen Nigerianer ein Bankkonto bekommen und ihren Ausweis als elektronisches Zahlungsmittel einsetzen.

Vorder- und Rückseite der ID-Karte

(Bild: nimc.gov.ng)

Unter der Leitung des NIMC beginnt in diesen Tagen der Testbetrieb der Universalkarte mit dem sogenannten Enrolment der Bürger über 16 Jahre an den beiden großen Universitäten des Landes und in den rund 300 Zweigstellen der nigerianischen Access Bank. Neben Mastercard als Generalunternehmer für die Prepaid-Karte ist Unified Payments als Zahlungsdienstleister und die Gelsenkirchner Firma Cryptovision als Lieferant der Public Key Infrastucture (PKI) dabei. Sie liefert acht Zertifizierungsstellen, die ein Dutzend unterschiedliche Zertifikate ausgeben. Zum Start des Testbetriebes erklärte Projektleiter Chris Onyemenam, dass Nigeria mit der elektronischen Identifikation und dem Einstieg in die bargeldlose Gesellschaft eine Vorreiterrolle für ganz Afrika übernehmen möchte. Für Mastercard betonte Manager Daniel Monehin, dass Millionen Nigerianer auf diese Weise erstmals "Zugang zur globalen Ökonomie" bekommen.

Besonders die Mastercard-Funktion ist nach Ansicht von Nichtregierungsorganisationen problematisch. Für Anne Crowe, Sprecherin von Privacy International besteht die Gefahr, dass finanzielle Informationen über die Bürger bei elektronischen Wahlen "unbeabsichtigt" verwendet werden können. Nach dem Korruptionsindex von Transparency International belegt Nigeria einen der vorderen Plätze. Neben der Kritik an den umfassenden Funktionen der Smartcard gibt es Kritik an den Kosten des Projektes, das bis 2016 mit dem Rollout von mindestens 100 Millionen Smartcards abgeschlossen werden soll. Offizielle Zahlen gibt es noch nicht, doch Schätzungen gehen von einer Summe von mindestens 500 Millionen US-Dollar aus. Nigerianische Medien kritisieren vor allem, dass das Geld an ausländische Firmen fließt. Nigeria leidet unter der Ebola-Seuche und dem Bürgerkrieg im Norden des Landes, wo die Islamisten von Boko Haram den Staat angreifen.

Siehe dazu in der iX:

  • Elektronische Identitätsdokumente erleben weltweiten Boom

(anw)