Nützes Gedöns Apple Watch

Die Apple Watch ist die meistverkaufte Smartwatch. Redakteur Andreas Wilkens ist da hin- und hergerissen: Einerseits appelliert sie auch bei ihm ans Anschaffungs-Gen; andererseits mahnt die Vernunft, dass er kein Spielzeug mehr braucht.

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Apple Watch

(Bild: dpa, Kay Nietfeld)

Lesezeit: 3 Min.

Apple weiß, wie ich gestrickt bin. So wie viele in meiner Familie. Auch wenn nicht viel Geld herein kam, mein Vater kaufte sich als fast erster in unserer Straße ein Auto. Wir quetschten uns zu fünft in den Lloyd Alexander, St. Andreasberg hinaufzufahren wurde zur Challenge, wie es damals noch nicht hieß. Für einen Farbfernseher war später dann nicht genug übrig, eine Nachbarin hatte eher einen. Dort dachte ich das erste Mal – während der Tagesschau – über den Begriff "Hautfarbe" nach. Einer meiner Brüder schaffte sich recht früh einen Betamax an, ein paar Jahre später einen Video 2000. Während meines Studiums war ich einer der wenigen mit einem PC. Um damit selbst besser studieren zu können und anderen die Examensarbeiten zu tippen. Freunde, die Jura studierten, folgten mit ihren Ataris.

Andreas Wilkens

kommt aus den Kulturwissenschaften, wurde frühzeitig in seinem Studium mit Computern konfrontiert – als Arbeitsmittel und Verdienstmöglichkeit. Er kümmert sich im Newsroom von heise online um die Nachrichten aus der IT-Welt.

Nun schleiche ich im Elektromarkt seit Monaten immer wieder mal um die Apple Watch herum, streiche, drücke, drehe und tippe sie und versuche herauszufinden, ob sie mein Anschaffungs-Gen anknipsen kann. Im September 2014, als sie vorgestellt wurde, vermochte sie es nicht. Um eine Uhr will ich mich nicht kümmern müssen, also sie vor allem nicht jeden Abend auf eine Ladestation legen. Albern der Gedanke, beim Joggen die Uhr mitzunehmen, aber auch das iPhone. Außerdem hat eine Armbanduhr rund zu sein, siegte mein Verstand über meine Veranlagung. Reines Spielzeug, nützes Gedöns.

Doch, halt! Wie viel Zeit habe ich damit verbracht, Monkey Island zu durchschlendern, wie viel Semester habe ich mit Myst verknobelt, fragte es in mir, wenn ich die Apple Watch gegen mein Portemonnaie abwog. "Du bist doch Spieler!" sagte das Teufelchen auf der einen, das Engelchen auf der anderen Schulter: "Ja, aber das hast Du hinter Dir."

Apple Watch Series 2 September 2016 (8 Bilder)

Apple Watch Series 2 - schwimmfest

Die bisherige Apple Watch ist wasserfest, etwa unter der Dusche. Mit der Apple Watch Series 2 kann man auch schwimmen, sie soll bis 50 Meter Wasserdruck aushalten.

Ich ging den Mittelweg, folgte meinem Kopf zwischen den Schultern – und kaufte mir die erste Pebble. Die muss nicht jeden Abend auf die Ladebank, zeigt mir, wenn mich jemand per Messenger oder E-Mail kontaktieren will, sogar die Uhrzeit, und sorgt dafür, dass ich mein iPhone nur bei wirklichem Bedarf aus dem Wintermantel graben muss. Wie die Apple Watch es mir auch verspricht. Nun solle es "sorgte" heißen. Mittlerweile habe ich nämlich herausgefunden, dass die Uhr eine gute Woche durchhält, weil ich sie kaum trage. Der Vibrator am Handgelenk hat mir anscheinend gezeigt, wie viele unnütze Informationen tagtäglich auf mich einprasseln. Dringende Anrufe? Hatte ich zuletzt einen vor zehn Jahren, ein Todesfall. Nicht nur mit Pebble, sondern jetzt auch ohne schaue ich viel weniger auf mein Smartphone.

Aber, wie ich vorhin schrieb, Apple weiß, wie ich gestrickt bin. Sie lassen mich an der langen Leine, so wie seinerzeit mit dem ersten iPhone. Das hatte ich nicht gekauft, weil es nicht wirklich internettauglich war. Das änderte sich ja mit dem nächsten Modell, schon war es gekauft. Und nun hat die Apple Watch Series 2 ein GPS-Modul, also könnte ich beim Joggen das Telefon zuhause lassen. Nur leider jogge ich seit September 2014 nicht mehr. Moment Mal: Auf der Apple Watch gibt es einen Modus, mit dem ich meine Ruderaktivitäten überwachen könnte…(anw) / (axk)