OLG bestätigt Verbot des ersten Apothekenautomaten von DocMorris

Der bundesweit erste Apothekenautomat in Hüffenhardt bleibt außer Betrieb. Der Betreiber DocMorris unterlag nun auch vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe.

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Unerwünschte Nebenwirkungen? Streit um Apothekenautomaten von DocMorris

(Bild: DocMorris, Tobias Zeit 2016)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Susanne Kupke
  • dpa
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Der bundesweit erste Apothekenautomat von DocMorris bleibt bis auf weiteres außer Betrieb. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe bestätigte am Mittwoch das vom Landgericht Mosbach verhängte Verbot. DocMorris, eine europaweit tätige Versandapotheke aus den Niederlanden, hatte vor zwei Jahren in der baden-württembergischen Gemeinde Hüffenhardt (Neckar-Odenwald-Kreis) den ersten Automaten dieser Art in Deutschland in Betrieb genommen. Das Projekt wurde aber nach einigen Wochen gerichtlich gestoppt.

Bei der "pharmazeutischen Videoberatung mit angegliederter Arzneimittelabgabe" konnten Kunden per Video Kontakt mit einem Apotheker in den Niederlanden aufnehmen und Medikamente aus einem Automaten erhalten. Damit waren Klagen des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg und von Apothekern aus der Umgebung erfolgreich. DocMorris könnte nun noch zum Bundesgerichtshof ziehen.

Gemessen am Wirbel, den er verursacht, ist der Apparat dabei recht unauffällig: In den umgebauten Räumen einer früheren Apotheke ist neben einem Bezahlterminal und einem Bildschirmtisch hinter Glas nur ein Stück Förderband zu sehen. Von dort fällt das gewünschte Medikament nach unten in den Ausgabeschacht. Theoretisch zumindest.

Seit vier Jahren gibt es keine Apotheke mehr in dem Ort gut 20 Kilometer nordwestlich von Heilbronn. Wer Kopfschmerztabletten oder Blutdruckmittel braucht, muss fast sechs Kilometer weit fahren. "Die nächste Apotheke ist in Haßmersheim", sagt Hüffenhardts Bürgermeister Walter Neff (SPD).

Der Rathauschef findet es deshalb gut, dass die europaweit tätige Versandapotheke aus den Niederlanden in der nordbadischen Gemeinde eine "Videoberatung mit Arzneimittelabgabe" eingerichtet hat. Das angeschlossene Lager bietet Platz für mehr als 8000 Schachteln.

Am 19. April 2017 konnten Kunden von hier aus erstmals per Video Kontakt mit einem Apotheker im niederländischen Heerlen aufnehmen und Medikamente aus dem Automaten erhalten. Doch zwei Tage später war wieder Schluss: Das Regierungspräsidium Karlsruhe stoppte das Projekt.

Vom 26. April an gab es aus dem Automaten noch einige Wochen nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Dann setzte das Landgericht Mosbach dem im Juni ein Ende: Es sah einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz. Verschreibungspflichtige Medikamente dürften nur von Apotheken an Verbraucher abgegeben werden. Das Gericht folgte auch nicht dem Versandhandel-Argument von DocMorris; die Abholung von Arzneimitteln von einem Lagerort, an dem der Kunde diese kurz davor angefordert habe, sei kein zulässiger Versandhandel.

Damit waren Klagen des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg und von Apothekern aus der Umgebung erfolgreich. Dagegen hat das niederländische Unternehmen Berufung vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe eingelegt (Aktenzeichen: 6 U 16/18 u.a.). Der Fall Hüffenhardt beschäftigte auch schon das Verwaltungsgericht Karlsruhe: Das bestätigte Anfang April das Betriebsverbot des Regierungspräsidiums (3K 5393/17).

Für Apotheker ist es ein Präzedenzfall. Sie kritisieren schon länger, dass Versandhändler in immer neue Felder vordringen wollen. Aus ihrer Sicht will sich DocMorris "Wettbewerbsvorteile auf Kosten der Arzneimittelsicherheit" verschaffen. Sie warnen vor gesundheitlichen Schäden wegen fehlender Überwachung.

Valentin Saalfrank von der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein verweist auf jährlich rund 500.000 Notaufnahmen im Krankenhaus wegen unerwünschten Arzneimittelwirkungen durch vermeidbare Medikationsfehler. Deshalb plädiert er dafür, die Abgabe nur hochqualifizierten natürlichen Personen zu überlassen, die eine Betriebserlaubnis haben - anstelle von Kapitalgesellschaften, die zur Gewinnmaximierung verpflichtet seien.

"Dass das, was in Hüffenhardt geschehen soll, keine Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel im Wege des Versandes darstellt, ist offensichtlich", meint der Medizinrechtler. Vielmehr sei es das strafbare Betreiben einer Apotheke ohne Apothekenbetriebserlaubnis.

Für den nun eingetretenen Fall, dass das OLG das Landgerichtsurteil bestätigt, hatte DocMorris bereits angekündigt, weitere juristische Schritte prüfen zu wollen. DocMorris trifft auch in der Politik auf Widerstand: Ein Referentenentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für ein "Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken" betont das Verbot von Arzneimittel-Automaten außerhalb von Apotheken.

Hüffenhardts Rathauschef Neff versteht nicht, warum diese nicht als Alternative für den ländlichen Raum zugelassen werden sollen, wo kein Apotheker mehr hin will. "Man könnte es doch als Pilotprojekt laufen lassen." Noch steht am Eingang vor der ehemaligen Apotheke das "DocMorris"-Schild. Im Innern ist alles gerichtet. Nur Medikamente sind keine mehr da. Wer in Hüffenhardt Schmerzmittel oder Insulin braucht, muss nun weiter ins Auto steigen oder sein Rezept bei der Apotheken-Rezeptsammelstelle einwerfen. Die ist beim Hausarzt im Dorf. Den gibt es immerhin noch, sagt Neff. (mho)