"Orakel" soll P2P-Datenverkehr optimieren

Die Arbeitsgruppe Intelligente Netze an der TU Berlin hat auf dem Treffen der IP-Adressverwaltung RIPE ein Konzept vorgestellt, den P2P-Datenverkehr effizienter zu lenken.

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Von
  • Monika Ermert

Beim Treffen des für die IP-Adressverwaltung zuständigen RIPE in Berlin stellte Anja Feldmann von der TU Berlin ein von der Arbeitsgruppe Intelligente Netze (INET) erarbeitetes Konzept vor, den P2P-Datenverkehr mit Routingroutinen der Internet-Provider zu "versöhnen". Ein "Orakel" soll dabei den kürzesten Weg zum P2P-Nachbarn weisen und unnötigen Datenverkehr vermeiden helfen. Kern des Konzepts ist ein Ranking von P2P-Servern im "Orakel"-Server des Providers. Abfragen zu gesuchten Inhalten vom P2P-Teilnehmer werden vom Orakel-Server mit einer Liste von naheliegenden Servern beantwortet.

Die P2P-Systeme duplizierten Routing-Funktionen auf Anwendungsebene, ohne auf die eigentliche Netztopologie Rücksicht zu nehmen, erläutert Feldmann. Mit dem "Orakel-Konzept" soll der Internet-Provider die Kontrolle über das Routing in seinem Netz zurückerhalten. Bei einem Orakel-Test mit einem Gnutella-basierten System seien 55 bis 80 Prozent des P2P-Datenverkehrs im Netz des Providers geblieben. Ohne Orakel waren es im Test 10 bis 35 Prozent, während die übrigen 65 bis 90 Prozent teilweise unnötig weite Wege durch andere Netze machten.

Der Vorteil für die Nutzer sei eine durchschnittliche Verringerung der Download-Zeiten um 1 bis 3 Sekunden, das entspreche einer Rate von 16 bis 34 Prozent. Die P2P-Systeme müssen nicht mehr selbst die Performanz verschiedener Pfade messen. Roundtrip-Zeiten sind in der aktuellen Orakel-Version zwar nicht berücksichtigt, allerdings könne ein Kriterium, das dafür sorgt, dass der Verkehr lokal gehalten wird, die Zeiten verkürzen. Die Kriterien für das Ranking lassen sich beliebig gestalten.

Das System sei recht einfach einsetzbar, meint Feldmann. Ihre Arbeitsgruppe werde demnächst eine auf BIND basierende Open-Source-Software für einen Orakel-Server veröffentlichen, außerdem Patches für Gnutella, BitTorrent, eDonkey und P2P-TV-Applikationen. Während eines Workshops der Internet Engineering Task Force (IETF) Ende des Monats will Feldmanns Gruppe das Konzept vorstellen. Andere Kandidaten für die Verbesserung von P2P-Routing seien derzeit unter anderem bei Telefonica und bei einer Gruppe um Verizon in Arbeit, erklärte Feldmann. "Die Systeme sind ähnlich." Sollte es zu einer sinnvollen Standardisierung kommen, könnten Komponenten der verschiedenen Ansätze zusammengefügt werden.

Bedenken von Teilnehmern des RIPE-Treffens, dass Provider davor zurückschrecken, die Topologie ihrer Netze durch einen Orakel-Server sichtbar zu machen, wies Feldmann zurück. Auch den Einwand, dass Rechteinhaber das Orakel als Piraterie-Helfer juristisch zu Fall bringen könnten, glaubt sie nicht, da es viele legale P2P-Anwendungen gebe. Zudem würden keine Inhalte lokal im Orakel vorgehalten. Inwieweit ein weises Orakel als Zwischenstation grundsätzlich der P2P-Idee widerspricht, könnte aber noch Anlass zu Diskussionen geben. (Monika Ermert) / (anw)