Patentstreit mit Broadcom: Netflix soll Millionenstrafe zahlen

Netflix ist nach Ansicht des Landgerichts München einem Urteil in einem Patentstreit mit Broadcom nicht ausreichend nachgekommen.

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Abbildung aus dem Patent, um das es in dem Rechtsstreit geht.​

Abbildung aus dem Patent, um das es in dem Rechtsstreit geht.

(Bild: EPA)

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Netflix soll eine Geldstrafe von 7,05 Millionen Euro zahlen, weil der Streaming-Anbieter trotz einer Unterlassungsanordnung weiterhin eine geschützte Technik von Broadcom verwendet. Diese Strafe hat das Landgericht München I festgesetzt, geht aus einer Mitteilung von Broadcom hervor. Eine Sprecherin des LG München bestätigte gegenüber heise online, das Gericht habe am 14. Dezember 2023 einen Ordnungsmittelbeschluss erlassen. Netflix könne dagegen Beschwerde beim Oberlandesgericht einlegen.

Das Landgericht meint, dass Netflix in der Zeit nach dem Urteil schuldhaft gegen das Unterlassungsgebot verstoßen habe, indem das Unternehmen seinen Kunden weiterhin Inhalte im HEVC-Format zum Streamen zur Verfügung stellte. Nach einer Anhörung der "Vollstreckungsschuldnerin" Broadcom hat das LG ein Ordnungsgeld gegen sie verhängt und folgte damit Broadcoms Antrag vom September 2023.

Netflix hatte laut dem Gericht nach der Urteilsverkündung zwar bereits begonnen, eine "Umgehungslösung" zu implementieren, diese sei aber noch nicht vollständig. Das genügte dem Gericht nicht, "um den Vorwurf des schuldhaften Verstoßes gegen den Unterlassungstitel zu entkräften", wie es aus München heißt. Schließlich habe das Gericht Netflix keine Aufbrauchs- oder Umstellungsfrist zugestanden.

Konkrete Angaben zur Höhe des Ordnungsgeldes machte das Gericht nicht. Es habe dabei berücksichtigt, dass Netflix bereits teilweise eine Umgehungslösung implementiert habe. Auf der anderen Seite habe die Dauer der Zuwiderhandlungen das Ordnungsgeld erhöht, außerdem flossen Netflix' "wirtschaftliche Verhältnisse" in die Berechnung ein.

Broadcom wirft Netflix vor, das Patent EP2575366 zu verletzen, das sich mit der Vorhersage und der Unterteilung von Kodiereinheiten für Videocodierung beschäftigt. Das Landgericht München 1 entschied im September (Az. 7 O 12200/21), dass Netflix die in dem Patent beschriebene Technik bei seiner Übertragung von HEVC-Videostreams unerlaubt verwendet und "bestimmte Streaming-Dienstleistungen" unter Verwendung des Codecs H.265 (HEVC) nicht mehr anbieten darf.

Das Gericht habe für jeden der 47 Tage, an denen Netflix gegen die bestehende Unterlassungsanordnung verstoßen habe, einen Betrag von 150.000 Euro festgelegt, teilte Broadcom mit. Alternativ könnten Mitglieder des Netflix-Vorstand 15 Tage in Haft kommen.

Gegen das Urteil vom September hat Netflix bereits Berufung eingelegt, teilte das Gericht heise online mit. Einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung habe das Oberlandesgericht München zurückgewiesen.

Broadcom hat nach eigenen Angaben vor, zusätzliche Strafen zu verlangen. Dabei bezieht sich das Unternehmen auf Paragraf 890 der deutschen Zivilprozessordnung, das ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro und Ordnungshaft von bis zu zwei Jahren für Zuwiderhandlungen gegen Unterlassungsanordnungen vorsieht.

Netflix nutzt HEVC, um UHD/4K-Inhalte an seine Nutzer zu streamen. Daneben kann Netflix Inhalte alternativ auch in AV1 streamen. Dies ist ein offenes, lizenzkostenfreies Videokompressionsverfahren, das effizienter arbeitet als andere gängige Codecs. Allerdings wird es nicht von allen Endgeräten unterstützt. Möglich wäre auch das Streamen per H.264, allerdings benötigt die Option deutlich mehr Bandbreite als der neuere HEVC-Codec.

(anw)