Physikerin Hossenfelder: "Zweifel und Unsicherheiten nicht herunterspielen"

Sabine Hossenfelder im Interview mit MIT Technology Review über Kreationismus, den Sinn des Universums und den ganzen Rest.

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Die Physikerin Sabine Hossenfelder forscht zu Kosmologie und erklärt auf YouTube komplizierte Wissenschaft. Ihr neuestes Buch heißt "Mehr als nur Atome".

(Bild: Tim Wegner / laif)

Lesezeit: 3 Min.

Existiert Zeit wirklich? Hat das Universum einen Anfang und ein Ende? Gibt es ein Leben nach dem Tod? In ihrem neusten Buch "Mehr als nur Atome" behandelt die Physikerin und Youtuberin Sabine Hossenfelder Fragen, mit denen sich normalerweise Philosophen, Theologen oder Esoteriker beschäftigen. Und sie warnt bereits im Vorwort, dass "einige spirituelle Ideen völlig kompatible mit der modernen Physik sind". Im Interview mit MIT Technology Review erklärt sie, wie das zu verstehen ist.

"Was ist, wenn wir die Gleichungen nur 6000 Jahre zurückrechnen, dann abschneiden und sagen, hier ist der Anfangszustand des Universums?", sagt Hossenfelder. "Die Dinosaurierknochen waren schon alle da, die Evolution und Darwin brauchen wir nicht – Gott hat es so gemacht. Wissenschaftlich kann man nicht sagen, dass das falsch ist, denn man kann es nicht widerlegen. Aber es ist einfach nutzlos, denn damit kann man keine Vorhersagen treffen. Was haben wir also davon? Nichts."

Dieser Text stammt aus MIT Technology Review 8/2023

Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist kaum noch zu erreichen. Neben dem Ausbau regenerativer Energiequellen rückt zunehmend die Entnahme von Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre in den öffentlichen Fokus. Die neue Ausgabe von MIT Technology Review geht diesem Ansatz und seinen verschiedenen Methoden nach. Highlights aus dem Heft:

Gerade heutzutage sei es jedoch wichtig, "dass wir klarmachen, wo die Wissenschaft aufhört und wo reine Spekulation anfängt – und wo es Fragen gibt, deren Antwort wir einfach nicht kennen", sagt sie. "Und wir sollten nicht versuchen, das mit irgendwelchem mystischen Hokuspokus aufzufüllen. Ich habe mit dem Buch versucht klarzumachen: Hier sind die Grenzen und ab hier wissen wir einfach nicht mehr weiter."

Allerdings sind die Grenzen der Wissenschaft beispielsweise immer wieder ein heikles Thema, räumt Hossenfelder ein. "Ich empfinde es als großes Problem in der Berichterstattung über Klimawandel, dass diese Unsicherheit grundsätzlich heruntergespielt wird. Wenn es immer heißt, ja wir wissen, dass es so und so ist und gelegentlich ändert sich natürlich etwas, kommen die ganzen Klima-Leugner und sagen: 'Hey, hey, hey, alles falsch, alles Quatsch! Haben wir doch schon immer gesagt.' Die Vorhersagen vom IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen) zum Beispiel waren grundsätzlich sehr konservativ. Was man jetzt sieht, ist schlimmer, als sie vorausgesagt haben. Das ist nicht gut. Das hätte man vielleicht damals ein bisschen klarer darstellen sollen. Da wird aber nicht drüber geredet, weil man den Leuten nicht den Eindruck vermitteln will, dass es überhaupt irgendwelche Unklarheiten gibt."

(wst)