"Polens Watergate": Neue Regierung hat Beweise für umfangreiche Spyware-Kampagne

Nach dem Regierungswechsel in Polen könnte die Aufklärung der Spionage mit Pegasus an Fahrt aufnehmen. Donald Tusk hat eine "sehr lange Liste" mit Opfern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 94 Kommentare lesen
Hände am Smartphone im Dunkeln

(Bild: photobyphotoboy/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.

Polens neuer Ministerpräsident hat nach eigenen Angaben Beweise dafür, dass unter der Vorgängerregierung eine "lange Liste" an Menschen mit der Pegasus-Spyware ausspioniert wurden. Das sagte Donald Tusk laut der Nachrichtenagentur AP während eines Treffens mit Polens Präsident Andrzej Duda, der mit der abgelösten Regierungspartei PiS verbunden ist. Die Beweise würden mit dem Präsidenten geteilt, erklärte Tusk demnach: "Das ist nur ein Auszug aus den Dokumenten, die Ihnen zur Verfügung stehen", wird Tusk zitiert. Es handle sich um hundertprozentige Beweise dafür, dass die Spyware gekauft und legal sowie illegal benutzt wurde. Duda hat sich öffentlich nicht dazu geäußert.

Dass Polens Regierung die berüchtigte Spyware Pegasus der israelischen Firma NSO gekauft hat, war Ende 2021 und Anfang 2022 bekannt geworden. Der politische Skandal war als "Polens Watergate" bekannt geworden. Ausspioniert wurden unter anderem mehrere Politiker, eine Staatsanwältin, ein Rechtsanwalt und ein Unternehmer. Es folgte eine anderthalbjährige Untersuchung im Parlament, die mit harscher Kritik an den aufgedeckten Praktiken und Forderungen nach Gesetzesreformen zu Ende gegangen ist. Auch das Europaparlament hat sich mit dem Fall befasst. Im Herbst gab es dann einen Regierungswechsel und mit den neuen Mehrheiten im Parlamenten wurden laut AP ein neuer Untersuchungsausschuss eingesetzt.

Die der neuen Regierung jetzt vorliegende Liste der Überwachungsziele "ist leider ziemlich lang", wird Tusk weiter zitiert. Öffentlich einsehbar ist sie nicht. Die Äußerungen des Regierungschefs sind eine Bestätigung für die Opfer und jene Analysen, mit denen der Überwachungsskandal aufgedeckt wurde, meint John Scott-Railton. Der Sicherheitsforscher arbeitet beim Citizen Lab in Kanada und hat bei der Aufdeckung der ersten Fälle in Polen mitgearbeitet. Darauf aufmerksam gemacht wurden die Betroffenen von Hinweisen von Apple, was einmal mehr die zentrale Rolle des iPhone-Herstellers beim Kampf gegen die Spyware unterstreiche, meint der Forscher gegenüber AP.

(mho)