Premiere erwirkt Einstweilige Verfügung gegen Receiver-Importeur

Vor dem Landgericht Hamburg hat Premiere erwirkt, dass die Zehnder GmbH keine Free-To-Air-Receiver mit Emulator zur Umgehung des Zugangskontrollsystems des Pay-TV-Senders mehr anbieten darf.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 372 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Nico Jurran

Premiere kann einen Erfolg im Kampf gegen Schwarzseher feiern: Vor dem Landgericht Hamburg hat der Münchner Pay-TV-Sender eine Einstweilige Verfügung gegen einen Importeur von sogenannten patchbaren Free-To-Air-Receivern erwirkt. Der Zehnder GmbH ist es danach ab sofort unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 Euro oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten "verboten, Digitalreceiver, deren Firmware (Betriebssoftware) einen sogenannten Emulator enthält, der das Vorhandensein einer Smartcard simuliert, und die dadurch zusammen mit einer verfügbaren Software die Umgehung des Zugangskontrollsystems der Antragstellerin ermöglichen, herzustellen, einzuführen, zu verbreiten, zu verkaufen, zu gewerblichen Zwecken zu besitzen und/oder deren Absatz zu fördern" (Ziffer I. der Einstweiligen Verfügung).

Gleichzeitig ordnete das Landgericht Hamburg an, dass die Zehnder GmbH "sämtliche in ihrem Besitz befindlichen, unter Ziffer I. bezeichneten Receiver, zur Sicherstellung und Verwahrung an den zuständigen Gerichtsvollzieher herauszugeben" habe. In den beanstandeten Receivern waren, wie EDV-Spezialisten von Premiere nach Angaben des Senders herausfanden, eindeutige Vorrüstungen implementiert, um das Angebot von Premiere ohne Abo und damit illegal empfangen zu können.

Premiere lässt nun laut offizieller Pressemitteilung sämtliche Vertriebswege des Importeurs bis zum Endkunden verfolgen, um die illegale Nutzung dieser Geräte zu unterbinden und gegen alle beteiligten Personen, die diese Receiver ver- oder gekauft haben, juristisch vorzugehen. Premiere wird nach eigenen Angaben dabei auch durch die Rechtssprechung des Landgerichts Hamburg unterstützt. Tatsächlich ist von Endkunden in den zitierten Passagen der Verfügung keine Rede. Vielmehr heißt es, die Richter hätten in dem Urteil den Importeur angewiesen "unverzüglich Auskunft zu erteilen, über die Herkunft und den Vertriebsweg der unter Ziffer I. bezeichneten Receiver sowie deren Betriebssoftware, insbesondere über Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Receiver".

Premiere bereitet aber eine umfassende Klage auf Schadensersatz vor gegen den Importeur Zehnder und gegen alle an diesem Handel beteiligten Personen. Hans Seger, Programm- und Technik-Vorstand von Premiere, wertet die Entscheidung des Landgerichts Hamburg als einen "wichtigen Etappensieg im Kampf gegen den kriminell-organisierten Rechte-Diebstahl". Dabei nutze Premiere nicht nur alle Möglichkeiten des Strafrechts aus, sondern werde die Täter zusätzlich noch mit empfindlichen Schadensersatzansprüchen zur Rechenschaft ziehen. "Im Interesse unserer ehrlichen Abonnenten werden wir außerdem auch die Käufer dieser Receiver strafrechtlich zur Verantwortung ziehen. Die illegale Nutzung des Premiere Programms ist kein Kavaliersdelikt", meinte Seger

Seit dem Weihnachtsgeschäft 2007 waren sogenannte patchbare Free-To-Air-Receiver, die hauptsächlich in Asien hergestellt werden, massenhaft nach Deutschland eingeführt worden. Dabei hätten Importeure laut Premiere wohl wissend in Kauf genommen, dass in den Geräten bewusst Vorrichtungen vorinstalliert waren, mit deren Hilfe man das Sicherheitssystem des Senders umgehen konnte. Für Premiere hat dieses illegale Geschäft nach eigenen Angaben gravierende Folgen. So sei der Zuwachs an Abonnenten seit dem Weihnachtsgeschäft 2007 stark gebremst worden. Gleichzeitig habe das Münchner Unternehmen ein Sparpaket in zweistelliger Millionenhöhe auflegen müssen, um die Ausfälle zu kompensieren. "Aber auch für die seriöse Receiver-Industrie, die dem allgemeinen Rechtskodex folgt und Piraterie nicht unterstützt, hat die illegale Konkurrenz negative Auswirkungen, die nicht nur empfindliche Umsatzeinbußen bedeuten, sondern möglicherweise auch den Abbau von Arbeitsplätzen", erklärte Premiere in einer Mitteilung.

Im Kampf gegen Schwarzseher nutzt Premiere nicht nur alle juristischen Möglichkeiten, sondern geht auch technisch gegen den illegalen Empfang vor. So hat der Münchner Abo-Sender bereits angekündigt, ab dem 2. Quartal 2008 bei seinem Satelliten-TV-Angebot zwei neue Verschlüsselungssysteme einzuführen, die NDS und Nagravision liefern. (nij)