Pressefreiheit: Deutschland wird überholt; Appell für E2E-Verschlüsselung

Deutschland fällt, was die Pressefreiheit angeht, weiter zurück. Gleichzeitig fordern mehr als 40 Organisationen Schutz von Privatsphäre und freies Internet.

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(Bild: wk1003mike/Shutterstock.com)

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Auch zum diesjährigen Welttag der Pressefreiheit bleibt Europa weltweit die sicherste Region für Journalistinnen und Journalisten. Deutschland ist in der Rangliste der Pressefreiheit jedoch das dritte Jahr in Folge abgestiegen und liegt jetzt auf Platz 21 – hinter Ländern wie der Slowakei. Verantwortlich sind laut der Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) Attacken gegen Medienschaffende, von denen es so viele wie nie zuvor gebe. "Der Abstieg um fünf Plätze ist vor allem mit dem Vorbeiziehen anderer Länder zu erklären, die sich stark verbessert haben", heißt es von der Organisation.

Die Unterdrückung unliebsamer Berichterstattung steigt laut RSF weltweit. "Krisen, Kriege und die anhaltende Ausbreitung des Autoritarismus haben dazu geführt, dass die Lage der Pressefreiheit im vergangenen Jahr so instabil war wie seit langem nicht." Die letzten Plätze der Liste belegen durchweg Regime in Asien, etwa Vietnam (178): "Inhaftierte Medienschaffende sind teils entsetzlichen Haftbedingungen ausgesetzt: Sie werden misshandelt, isoliert und bekommen keine ärztliche Versorgung." Auch die Lage in China (179) hat sich weiter verschlechtert. "In keinem Land sitzen mehr Journalistinnen und Journalisten wegen ihrer Arbeit im Gefängnis, aktuell sind es mindestens 100. Mehr als zehn von ihnen könnten im Gefängnis sterben, wenn sie nicht sofort freigelassen werden", so die Menschenrechtler.

Russlands Position in der Rangliste verschlechterte sich um neun Plätze auf 164. "Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wurden fast sämtliche unabhängigen Medien verboten, blockiert und als sogenannte ausländische Agenten eingestuft", so die Menschenrechtler. In Mexiko (Rang 128) wurden 2022 mindestens elf Medienschaffende aufgrund ihrer Arbeit ermordet, laut dpa so viele wie in keinem anderen Land der Welt. Zudem gelten dort 28 Journalistinnen und Journalisten als vermisst, viele von ihnen seit Jahren – ebenfalls ein trauriger Weltrekord. Norwegen belegt zum siebten Mal in Folge den ersten Platz der Liste, Nordkorea den letzten (180).

Aus Besorgnis um die Privatsphäre im Internet von Journalisten und Whistleblower, aber auch die von Bürgerinnen und Bürger, richten sich derweil 40 Organisationen in einem offenen Brief an politische Entscheidungsträger in den USA, der EU, Großbritannien, Australien, Kanada und Indien. Der Zugang zu Verschlüsselung könne für diejenigen, die darauf angewiesen sind, "buchstäblich über Leben und Tod entscheiden", geht aus einer Pressemitteilung des Software-Unternehmens Tutanota hervor. Unter weiteren Unterzeichnern befinden sich unter anderem The Tor Project, Center for Democracy & Technology, die Proton AG, Mozilla, Nextcloud, Threema, OpenMedia und die Document Foundation.

Journalisten und Whistleblower seien zum Schutz ihrer Identität "auf sichere, verschlüsselte Lösungen angewiesen". Die Verfasser des Briefs sehen durch den "Entzug des Rechts auf Privatsphäre im Internet" die Demokratie in Gefahr, da grundlegende Menschenrechte wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Redefreiheit bedroht seien. Die geplante Online Safety Bill in Großbritannien, der Lawful Access to Encrypted Data Act, der EARN IT Act in den USA und die geplante Chatkontrolle seien nur einige "alarmierende Beispiele dafür, wie demokratische Regierungen versuchen, die Verschlüsselung zu schwächen."

Sie fordern daher, "die Verschlüsselung nicht durch überzogene Gesetzesinitiativen" zu untergraben. Außerdem, "sicherzustellen, dass Technologien, die sichere, verschlüsselte Dienste anbieten, nicht blockiert oder gedrosselt werden". Zudem sollten alle Gesetzesentwürfe und Gesetze überprüft werden, die Verschlüsselung anbietende Dienste untergraben oder es legitimieren, dass Dienste, die verschlüsselte Kommunikation anbieten, blockiert werden. Die demokratischen Regierungen sollen "nicht dem Weg autoritärer Regierungen wie Russland und Iran [...] folgen, die den Zugang zu verschlüsselten Diensten aktiv beschränken".

Erst kürzlich hatten sich die Betreiber verschiedener Messenger in einem offenen Brief an die britische Regierung gerichtet und sie aufgefordert, den Gesetzentwurf zur Online Safety Bill "dringend zu überdenken". Zudem hatten Dienste wie Signal, Tutanota und Threema bereits angekündigt, ihre Verschlüsselung nicht abschwächen zu wollen.

(mack)