Primär-Energieverbrauch in Deutschland schrumpft um 8 Prozent

Die deutsche Energiebilanz 2023 ist geprägt von Produktionsrückgängen energieintensiver Branchen und von zurückhaltenden Privatverbrauchern.

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Abgasfahne am Kraftwerk Bremen-Hastedt.

(Bild: heise online / anw)

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Die Produktionsrückgänge in energieintensiven Industriezweigen machen sich dieses Jahr in der Energiebilanz Deutschlands deutlich bemerkbar. Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) rechnet mit knapp 8 Prozent Rückgang gegenüber dem Vorjahr auf 10.791 Petajoule (PJ) oder 368,2 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE). Damit liege der Verbrauch an Primärenergien in Deutschland um mehr als ein Viertel unter dem bisherigen Höchststand von 1990, teilte die AGEB mit.

Das dieses Jahr gegenüber 2022 leicht wärmere Wetter habe sich nur schwach verbrauchssenkend ausgewirkt. Witterungsbereinigt hätte sich der Energieverbrauch um etwa 7,4 Prozent vermindert, rechnet die AGEB vor. Einzig verbrauchssteigernd habe die demografische Entwicklung ausgewirkt. Durch den Zuzug von 1,35 Millionen Menschen sei die Gesamtbevölkerung auf knapp 85,5 Millionen gestiegen.

Der Erdgasverbrauch verringerte sich 2023 um 4,3 Prozent auf 2641 PJ (90,1 Mio. t SKE). Die Nachfrage ging sowohl in der Industrie als auch in privaten Haushalten sowie in Gewerbe, Handel und Dienstleistungen zurück. Zur Stromerzeugung wurde gegenüber dem Vorjahr etwa ein Prozent mehr Erdgas eingesetzt, 2 Prozent weniger hingegen, um Fernwärme zu erzeugen. Dabei habe die Witterung nur einen eher geringen Einfluss gehabt, vielmehr hätten die Verbraucher mehr gespart.

Der Mineralöl-Verbrauch sank 2023 im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 5,5 Prozent auf 3879 PJ (132,4 Mio. t SKE). Während Ottokraftstoff-Verbrauch um 2,3 Prozent zunahm, verringerte sich der Dieselverbrauch um gut 4 Prozent. Der Verbrauch von Flugkraftstoff stieg um 3,9 Prozent, der von leichtem Heizöl verringerte sich um 2,3 Prozent. Die Lieferungen von Rohbenzin an die chemische Industrie sanken um 16,7 Prozent.

Der Verbrauch an Steinkohle nahm im 2023 um 16,9 Prozent auf 937 PJ (32,0 Mio. t SKE) ab. Die Kraftwerke reduzierten ihren Brennstoffeinsatz um gut 30 Prozent. Der Bedarf an Kohle und Koks in der Eisen- und Stahlindustrie verringerte sich dagegen relativ gering um 2,1 Prozent. Der Primärenergieverbrauch von Braunkohle lag 2023 mit 912 PJ (31,1 Mio. t SKE) um 21,9 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres. Die Lieferungen von Braunkohle an die Kraftwerke der allgemeinen Versorgung sanken um 23 Prozent. Die Stromerzeugung aus Braunkohle blieb um rund 25 Prozent unter dem Vorjahresergebnis.

Die CO₂-Emissionen nahmen durch den geringeren Verbrauch an fossilen Energieträgern um gut 10 Prozent ab. Dies entspricht einer Reduktion von etwa 66 Millionen Tonnen.

Als Ursachen dieser Entwicklung gibt die AGEB den allgemeinen Rückgang des Stromverbrauchs in Deutschland an, die verringerten Erzeugungskapazitäten durch den Kohleausstieg, die angestiegene Stromproduktion aus Windenergieanlagen sowie erhöhte Stromimporte aus dem benachbarten Ausland.

Der Beitrag der erneuerbaren Energien erhöhte sich 2023 insgesamt um 2,3 Prozent auf 2118 PJ (72,3 Mio. t SKE). Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wuchs um etwa 5 Prozent. Die AGEB hebt hier die in der zweiten Jahreshälfte um 15 Prozent gesteigerte Stromproduktion der Windenergieanlagen an Land hervor. Bei der Solarenergie gab es trotz eines starken Zubaus an PV-Anlagen einen Zuwachs der Stromproduktion um lediglich ein Prozent. Die Stromerzeugung aus Wasserkraft erhöhte sich um 11 Prozent. Die Biomasse, auf die mehr als Hälfte des gesamten Primärenergieverbrauchs der erneuerbaren Energien entfällt, blieb um 4 Prozent hinter dem Vorjahreswert zurück.

9,2 Milliarden kWh Strom wurden 2023 mehr aus dem Ausland importiert als exportiert. Damit wurde Deutschland erstmals seit 2002 wieder Netto-Importeur von Strom. Die Ausfuhren sanken 2023 gegenüber dem Vorjahr um 24 Prozent, die Importe stiegen dagegen um 38 Prozent an.

Veränderungen des Verbrauchs nach Energieträgern in Prozent gegenüber dem Vorjahr.

(Bild: AGEB)

In der AGEB sind Unternehmen und Organisationen der Energiewirtschaft und Wissenschaft versammelt, unter anderem durch den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung oder das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW).

(anw)