Problemfälle bei Österreichs Internet-Ombudsmann vervielfachen sich

Die Zahl der Beschwerden über Online-Shops und -Auktionen ließe sich halbieren, wenn die Verbraucher nicht im Voraus zahlen würden, hieß es zum Jahresbericht 2005 des Internet-Ombudsmanns.

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Die Zahl der vom österreichischen Internet-Ombudsmann bearbeiteten Fälle hat sich von 750 im Jahr 2004 auf 1.460 im Jahr 2005 fast verdoppelt. Der unerfreuliche Trend beschleunigt sich weiter: Mit über 1.900 Fällen bis 30. Mai 2006 wurde der Vorjahreswert bereits deutlich überschritten. Der durchschnittliche Streitwert lag im vergangenen Jahr bei 259 Euro. Gut drei viertel der Fälle bezogen sich auf Online-Shops, ein knappes Viertel entfiel auf Unzulänglichkeiten bei Online-Auktionen. "Wir könnten die Beschwerdezahlen sofort halbieren, wenn die Konsumenten nicht im Voraus zahlen würden", sagte Ombudsmann-Pressesprecher Jürgen Gangoly bei der Präsentation des Jahresberichts 2005 (PDF-Datei). "Einziehungsauftrag, Kreditkarte, Treuhandkonto oder Zahlung auf Rechnung sind die besseren Alternativen."

Im Dezember 1999 war der als ehrenamtliche Initiative gestartete Internet-Ombudsmann die erste auf E-Commerce spezialisierte Streitschlichtungsstelle in Europa. Bis Ende 2005 wurden insgesamt 4.700 Fälle und 12.000 allgemeine Anfragen bearbeitet. 3.530 Fälle konnten einer außergerichtlichen Lösung zugeführt werden, was den betroffenen Konsumenten Bargeld, Waren oder Dienstleistungen im Wert von 2,45 Millionen Euro gebracht hat. Das erfolgreiche Modell wurde bereits von Deutschland und Ungarn übernommen, in Polen ist ein gleichartiger Dienst in Vorbereitung.

Besonders häufig beschwerten sich Konsumenten 2005 über die Gebrüder Schmidtlein, die unter verschiedensten Webadressen Gratis-SMS versprochen hatten. Nach Registrierung erhielten die User aber sofort gesalzene Rechnungen und gleich darauf den Brief eines Inkassobüros. "Den meisten Personen war nicht bewusst, dass sie mit der Anmeldung auf einer der Websites der Fa. Schmidtlein ein kostenpflichtiges Abonnement für einen Zeitraum von 12 oder auch 24 Monaten mit einer monatlichen Belastung von 7 bis 8 Euro bestellen", heißt es dazu in der Watchlist des Ombudsmanns. Der Erfolg der dubiosen Geschäfte hat so manchen Nachahmer inspiriert. "Gratis gibt's nicht. Sie zahlen entweder mit Geld, Ärger oder der Preisgabe ihrer persönlichen Daten", betonte Gangoly, "Die wichtigste Regel lautet: Erst denken, dann klicken!"

Dauerthema sind SMS-Mehrwertdienste und SMS-Spam. Zur Bekämpfung ungewünschter Mehrwert-SMS, für die der Empfänger mit bis zu 10 Euro pro Nachricht zur Kasse gebeten wird, hat der Ombudsmann Mitte 2005 die Site sms-sperre.at gestartet. Damit können bestimmte SMS-Dienste, die über die drei größten österreichischen Vermittler 3united, Dimoco und ATMS laufen, kostenfrei abbestellt werden. Inzwischen sind die Mobilfunk-Netzbetreiber einer seit 2003 bestehenden gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen und bieten kostenlos generelle Sperren von Mehrwert-SMS an.

Ein weiterer Schwerpunkt waren urheberrechtliche Streitfälle, wobei mit Rechteverwertern, die hohe Forderungen an Jugendliche gestellt hatten, bisweilen Kulanzlösungen erreicht werden konnten. Zu großer Verunsicherung bei privaten Website-Betreibern hat auch die zur Jahresmitte in Kraft getretene Änderung des österreichischen Medienrechts geführt. Einzelne Anwälte versuchten in der Folge auf abmahnungsartige Weise Umsätze zu generieren.

30,6 Prozent aller Fälle wurden durch Probleme beim Vertragsabschluss oder -rücktritt ausgelost, weitere 29 Prozent durch Schwierigkeiten bei Lieferungen. Der Beschwerdeverursacher saß bei 68,4 Prozent der Fälle in Österreich und zu 28,7 Prozent in Deutschland. Auf den Rest der Welt entfielen bloß 2,9 Prozent. (Daniel AJ Sokolov) / (jk)