Regeln für Online-Plattformen: Medienstaatsvertrag nimmt weitere Hürde

Suchmaschinen, Smart-TVs mit Internetzugang oder Soziale Medien - die Länder wollen ihnen Regeln geben, wie sie Medieninhalte präsentieren dürfen.

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Regeln für Online-Plattformen: Medienstaatsvertrag nimmt weitere Hürde

(Bild: metamorworks/Shutterstock.com)

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  • dpa
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Mit neuen Regeln für Online-Plattformen wollen die Länderchefs die Medienvielfalt in Deutschland sichern. Den geplanten Medienstaatsvertrag, der auch Anpassungen beim Rundfunk vorsieht, können die Länder nach einer Prüfung bei der EU-Kommission nun auf den Weg bringen. Es gebe zwar Anmerkungen, teilte die Kommission am Dienstag mit, diese würden aber grundsätzlich für den Abschluss kein Hindernis darstellen.

Der Vertreter der EU-Kommission in Deutschland, Jörg Wojahn, sagte: "Die Kommission teilt voll und ganz das Ziel, das mit dem deutschen Entwurf des Medienstaatsvertrags verfolgt wird. Auch wir setzen uns für Medienvielfalt und Medienpluralismus ein, auch im Online-Umfeld." Die Kommission hatte geprüft, ob das Vertragswerk mit EU-Recht vereinbar ist.

Der neue Medienstaatsvertrag soll den seit 1991 geltenden Rundfunkstaatsvertrag, der die grundsätzlichen Richtlinien des Rundfunksystems in Deutschland skizziert, ersetzen. Neben Anpassungen beim Rundfunk soll er künftig auch für Online-Plattformen wie Smart-TVs, Soziale Medien, Suchmaschinen und Video-Plattformen gelten, die Medieninhalte bereitstellen, sie aber nicht selbst produzieren. Durch die digitale Transformation gibt es heute neue Akteure im Medienmarkt.

Bestimmte Medieninhalte mit besonderem Wert wie zum Beispiel mit journalistischem Nachrichtenwert sollen gemäß dem Regelwerk leicht auf den Plattformen auffindbar sein. Auch sollen die Angebote diskriminierungsfrei zur Verfügung stehen – die Plattformen dürfen also nicht bestimmte Inhalte ohne gerechtfertigten Grund in den Hintergrund rücken. Sie dürfen auch technisch nicht ohne eine Einwilligung verändert werden und Werbung darf nicht ohne Einwilligung die Medieninhalte überlagern. Es geht also bei der neuen Medienordnung auch um Transparenz, nach welchen Algorithmen Plattformen im Medienbereich vorgehen.

Den Angaben der für Medienfragen zuständigen Staatskanzlei Rheinland-Pfalz zufolge kann der Staatsvertrag nun von den Länderchefs unterzeichnet und ratifiziert werden. Man gehe davon aus, dass der Vertrag noch diese Woche von allen Ministerpräsidenten im Umlaufverfahren unterzeichnet wird. Danach müssen noch alle Länderparlamente zustimmen. Wenn sie es tun, könnte der Vertrag dann im Herbst in Kraft treten.

Die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab (SPD) betonte: "Welche Bedeutung gerade die großen Plattformen, wie Google und Facebook bei der Verbreitung medialer Informationen haben, zeigt sich auch jetzt gerade während der Corona-Pandemie." Die Anstrengungen der Anbieter, Fake-News einzudämmen und die Sichtbarkeit seriöser Informationen zu erhöhen, begrüße sie. "Diese freiwilligen Maßnahmen während der Krise ersetzen jedoch keine allgemeingültigen rechtlichen Leitplanken, wie sie der Medienstaatsvertrag vorsieht."

EU-Kommissionsvertreter Wojahn betonte zugleich: "Wir sehen mit einiger Sorge, dass die Mitgliedstaaten zunehmend mit unterschiedlichen nationalen Vorschriften versuchen, Probleme von grenzüberschreitendem Ausmaß anzugehen. Das ist unseres Erachtens eine eher uneffektive Herangehensweise, um die europäischen Werte und eine vielfältige Medienlandschaft im Online-Umfeld zu fördern."

Die Regulierung werde auf europäischer Ebene angegangen. "Die Kommission hat bereits angekündigt, bis Ende dieses Jahres ein Gesetzespaket für digitale Dienste vorzuschlagen, den sogenannten Digital Services Act. Hiermit werden die Verantwortlichkeiten großer Online-Plattformen im gesamten Binnenmarkt geklärt, auch mit Blick auf das Ziel, die Medienvielfalt zu fördern."

Vor Ablauf der Prüffrist bei der EU-Kommission hatte es von Politikern noch Bedenken gegeben, ob die Prüfung positiv verläuft. Raab hatte sich deshalb an Vertreter der Kommission gewandt. Hintergrund war ihr zufolge, dass man vernommen habe, dass es in der Kommission Überlegungen gab, das Verhältnis von Wirtschafts- und Medienrecht in Europa infrage zu stellen. (axk)