Rehazentren müssen nach EuGH-Urteil mit Gema-Forderungen rechnen

Wem ein Zahn gezogen wird, der schert sich wenig um Hintergrundmusik vom Band. Eine lauschende Öffentlichkeit, die eine Gebühr rechtfertigen würde, gibt es nach Ansicht des EuGH in Zahnarztpraxen nicht. In Rehazentren ist das anders.

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Gema

(Bild: dpa, Frank Leonhardt)

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  • dpa

Für die Ausstrahlung von Fernsehsendungen in Rehazentren können nach Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs Gema-Gebühren fällig werden. Die Ausstrahlung in Warte- und Trainingsräumen für Patienten stelle eine "öffentliche Wiedergabe" dar, urteilte der EuGH am Dienstag in Luxemburg (Rechtssache C-117/15). Die rechtliche Situation sei ähnlich wie in einer Gastwirtschaft, einem Hotel oder einer Kureinrichtung, in denen der Betreiber Radio- oder Fernsehgeräte aufstellt. In einer Zahnarztpraxis sieht die Sache allerdings anders aus.

Anlass des Urteils ist ein Rechtsstreit zwischen dem Betreiber eines Rehazentrums und der Rechte-Verwertungsgesellschaft Gema. Ein Gema-Sprecher erklärte, in solchen Fällen werde nach der Anzahl der Fernsehgeräte abgerechnet. Ab einer Bildschirmdiagonalen von 42 Zoll spiele auch die Raumgröße eine Rolle. Grundsätzlich könnten Ansprüche bis zu drei Jahre lang rückwirkend geltend gemacht werden, falls nicht bereits Rechnungen gestellt wurden.

Im konkreten Fall geht es allerdings nur um den Zeitraum zwischen Juni 2012 und Juni 2013. Der Betreiber des Rehabilitationszentrums hatte in dieser Zeit in zwei Warteräumen und einem Trainingsraum Fernsehgeräte zur Nutzung durch Patienten installiert. Die Gema verlangte daraufhin Schadenersatz in Höhe der entgangenen Gebühren. Inzwischen liegt der Fall beim Kölner Landgericht, das ein endgültiges Urteil sprechen muss.

Zuvor verlangten die Kölner Richter aber vom EuGH Hilfe bei der Auslegung europäischen Rechts – insbesondere mit Blick auf ein Urteil aus dem Jahr 2012, bei dem es um die Wiedergabe von Tonträgern in einer Zahnarztpraxis im italienischen Turin ging. Damals stellte der EuGH keinen Anspruch auf Vergütung für die Rechteinhaber fest. In einer Zahnarztpraxis könne keine Rede von einer "öffentlichen Wiedergabe" sein, weil die Zahl der Hörer gering sei. Zudem seien die meisten Zahnpatienten wohl nicht "aufnahmebereit" für die Hintergrundmusik.

In einem Rehazentrum ist das anders, argumentierten die Luxemburger Richter nun. Die Musikwiedergabe sei hier zwar nicht Teil der Behandlung, aber doch eine "zusätzliche Dienstleistung", die der Einrichtung einen Wettbewerbsvorteil verschaffe. (axk)