Reklame-Wettbewerb: Verlage verklagen Google auf Milliarden

2,1 Milliarden Euro Schadenersatz fordern 32 europäische Verlage von Google. Der Vorwurf: Google verzerre illegal den Wettbewerb im Werbemarkt.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 14 Kommentare lesen
Statue der Justizia

(Bild: nepool/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Eine Koalition europäischer Medienverlage verklagt Google auf Schadenersatz in Höhe von 2,1 Milliarden Euro. Der Anspruch gründe sich auf rechtswidrigem Verhalten Googles im Wettbewerb um Online-Werbekunden. Das haben jene beiden Anwaltskanzleien bekannt gegeben, die die 32 Verlage vertreten und die Klage am Mittwoch beim Bezirksgericht Amsterdam erhoben haben. Google stellt die Vorwürfe in Abrede und verweist auf fortlaufende Zusammenarbeit mit Medienverlagen.

Die Verlage verweisen darauf, dass die französische Wettbewerbsbehörde bereits 2021 festgestellt hat, dass Google seine Marktmacht bei Werbeservern missbraucht habe. Dafür wurde eine Strafe von 220 Millionen Euro verhängt, die Google nicht bekämpft hat. Die Europäische Kommission, das US-Justizministerium, die britische Competition and Markets Authority (CMA) sowie eine Gruppe von US-Staaten führen derzeit jeweils wettbewerbsrechtliche Verfahren gegen Google, in denen sie dem Datenkonzern Verletzung von Wettbewerbsrecht im Online-Werbemarkt vorwerfen.

Hätte sich Google rechtmäßig verhalten, hätten die Verlage signifikant höhere Einnahmen aus Online-Werbung lukriert und gleichzeitig geringere Gebühren zahlen müssen, so das Argument. Aus diesen Posten haben die 32 Verlage ihre Gesamtforderung von insgesamt 2,1 Milliarden Euro berechnet. Allerdings haben sie die Klageschrift bislang nicht veröffentlicht, sodass unklar ist, auf welchen Zeitraum sich die Schadenersatzforderung bezieht und welche juristischen Argumente die Advokaten genau führen.

Angekündigt haben die Anwaltskanzleien Geradin Partners und Stek die Klage bereits im Oktober 2022. Seither wurde hinter den Kulissen daran gearbeitet. Beispielsweise haben sie die teilnehmenden Verlage zusammengetrommelt, und Charles River Associates hat die Berechnung ihrer Ansprüche geprüft. Außerdem wurde Geld für das Verfahren aufgestellt. Der britische Prozessfinanzierer Harbour Litigation Funding finanziert die Klage und übernimmt das Kostenrisiko; sollte die Klage Erfolg haben, müssen die Verlage Harbour am erstrittenen Schadenersatz beteiligen.

"Viele Verleger haben durch Googles unzulässiges Verhalten Schaden erlitten", führt Jan Bart van der Hel von der niederländischen Kanzlei Stek aus. "Es ist wichtig, etwas zu unternehmen, nicht nur um sicherzustellen, dass die Verleger umfassend entschädigt werden, sondern auch, damit Googles wettbewerbsfeindliches Verhalten in Zukunft verhindert wird." Van der Hel ruft daher weitere Geschädigte auf, vor Gericht zu ziehen.

Weitere Geschädigte können sich der am Mittwoch erhobenen Klage zwar nicht anschließen, doch überlegen die beiden Anwaltskanzleien, eine zweite Klage in Amsterdam einzubringen. Niederländische Gerichte hätten besondere Erfahrung im Wettbewerbsrecht, und es reduziere Kosten, die Verfahren an einem Ort zu bündeln. Auch eine etwaige zweite Klage sei bereits finanziert.

In Großbritannien führt Geradin Partners einen Prozess ähnlichen Zuschnitts gegen Google. Da es sich dort um eine Sammelklage handelt, sind alle britischen Verlage erfasst, die das nicht ausdrücklich abgelehnt haben.

Die 32 Verlage der aktuellen niederländischen Klage kommen aus 17 Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) von Portugal bis Norwegen. Sie betreiben verschiedentlich Zeitungen, Zeitschriften, Webseiten, Podcasts, Apps, Radiosender und Fernsehstationen. Gleich elf sind österreichische Unternehmen. Aus Deutschland sind Axel Springer und Hubert Burda Media dabei, sowie der Eigentümer der Aachener Zeitung, das belgische Mediahuis. Aus der Schweiz nimmt Springer-Partner Ringier teil.

(ds)