Russischer Geheimdienst setzt Provider unter Druck

Der KGB-Nachfolger will direkten Zugriff auf die gesamten Daten der russischen Internetbenutzer.

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Von
  • Florian Rötzer

Letztes Jahr trat die Anordnung SORM-2 (Systema operativno-rozysknajh meropriyatii) in Kraft, die vorsieht, daß die Internetprovider - natürlich auf eigene Kosten - eine direkte Verbindung zum Geheimdienst einrichten müssen. Da der Internetverkehr über die Computer des Geheimdienstes geleitet werden soll, müßte dieser keine richterliche Genehmigung mehr zum Lauschen einholen, sondern würde unmittelbar an der Quelle aller begehrten Daten sitzen.

Der russische Geheimdienst ist immer noch mächtig. Das mußte jetzt Nailj Murzahanov, Direktor von Bayard-Slavia in Volgograd, erfahren. Letzten Monat kamen Geheimdienstagenten zu dem Internetprovider und brachten eine Liste mit Wünschen mit. Murzahanov sollte nicht nur die erforderliche Technik einbauen, so daß der Geheimdienst einen ungehinderten Zugang zu den Kundendaten hat, er sollte den Geheimdienstagenten auch beibringen, wie man die Technik verwendet, und ihm überdies für Kontrollen das Betreten seiner Privatwohnung erlauben. Zudem wurde eine Liste mit allen seinen Kunden und deren Kennworten verlangt.

Nachdem sich Murzahnov weigerte, wurde er persönlich bedroht, und letzten Montag unterbrach man die Satellitenverbindung von Bayard. Murzahanov ist allerdings der Meinung, daß dem KGB-Nachfolger FSB bislang vor allem eines fehlt: es hat keine Computerexperten, die die Technik wirklich beherrschen. Er will jetzt erstmals auch rechtlich gegen den Geheimdienst vorgehen und eine Verfassungsklage einreichen, da SORM wegen der Umgehung einer richterlichen Überwachungsgenehmigung gegen die Verfassung verstoße.

Mehr in Telepolis: Der russische Big Brother und das Internet sowie SORM-2. (fr)