Saturnringe wohl Überreste eines vor 160 Millionen Jahren zerstörten Mondes

Ein vor nur 160 Millionen Jahren zerstörter großer Saturnmond könnte nicht bloß das geringe Alter der Ringe erklären, sondern auch andere Fragen beantworten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 31 Kommentare lesen

(Bild: NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute)

Lesezeit: 3 Min.

Ein vor 160 Millionen Jahren zerstörter Mond des Saturn könnte nicht nur die majestätischen Ringe des Gasriesen erklären, sondern mehrere weitere Rätsel zu dem Ringplaneten beantworten helfen. Das meint ein US-Forschungsteam, das auf Basis neuer Daten umfangreiche Simulationen zur Geschichte des Saturn durchgeführt hat. Wie sie jetzt erläutern, könnte solch ein Mond bislang nicht abschließend zu erklärende Gemeinsamkeiten des Saturn mit dem Neptun erklären. Außerdem würde das beantworten, warum die Ringe so jung sind. Ihre Modellierungen basieren auf Daten, die die Saturnsonde Cassini kurz vor ihrem Ende in jenem "Großen Finale" gesammelt hat, nach dem sie in den Saturn stürzte.

Wie die Forschungsgruppe um Jack Wisdom vom Massachusetts Institute of Technology jetzt erläutert, geht man in der Astronomie schon lange davon aus, dass die Neigung des Saturn auf gravitative Interaktionen mit dem Neptun zurückgeht. Denn bei beiden ist diese sogenannte Präzession fast identisch. Als die Saturnsonde Cassini dann entdeckt habe, dass sich der Titan, schneller als gedacht von diesem entfernt, habe das darauf hingedeutet, dass der größte Saturnmond diesen mit dem Neptun in Resonanz halte. Um das zu bestätigen, habe man aber das genaue Trägheitsmoment des Saturn kennen müssen, denn je nachdem, ob die Masse im Zentrum konzentriert ist oder nicht, sei die Neigung unterschiedlich zu beurteilen.

Dank der Daten, die Cassini kurz vor ihrem Ende gesammelt hat, habe man die Verteilung der Masse nun viel besser untersuchen und ein Modell erstellen können, das zu denen passe, schreibt das Team. Überraschenderweise habe das aber ergeben, dass der Saturn und der Neptun zwar einmal synchron um die Sonne gekreist seien, inzwischen aber nicht mehr. Ein einst vorhandener, aber inzwischen nicht mehr um den Saturn kreisender weiterer Mond habe diese Diskrepanz aber lösen können. Anhand der Simulationen konnten sie demnach sogar dessen Eigenschaften bestimmen. Der Mond, den sie Chrysalis getauft haben, war demnach etwa so groß wie Iapetus – der drittgrößte Saturnmond – dem er sich in einer chaotischen Phase vor weniger als 200 Millionen Jahren mehrmals annäherte. Auch der Titan erlebte solche Annäherungen, schreiben sie.

Schließlich sei Chrysalis dem Saturn dann so nahe gekommen, dass dessen Schwerkraft ihn zerrissen habe. Der Großteil seiner Bestandteile sei dann in den Gasriesen gestürzt, ein kleiner Rest habe die ikonischen Ringe gebildet. "Das ist eine richtig schöne Geschichte, aber wie jedes andere Resultat, muss sie jetzt von anderen überprüft werden", meint Wisdom. Immerhin würde sie die späte Bildung der Ringe und die Präzession des Saturn erklären. Die gelten schon eine Weile als vergleichsweise vorübergehendes Phänomen. 2018 war ermittelt worden, dass sie bereits in 100 Millionen Jahren wieder verschwunden sein könnten. Die neue Studie von Wisdom und seinem Team wurde jetzt im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht.

Cassini: Letzte Aufnahmen am Saturn (18 Bilder)

Saturns Atmosphäre und die Ringe
(Bild: NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute)
Update

"Schieflage" durch "Neigung" ersetzt

(mho)