Schavan wehrt sich gegen anonyme Plagiatsvorwürfe

Die Bundesbildungs- und Forschungsministerin beteuert, sie habe ihr Thema damals "sehr genau bearbeitet". Ihre Dissertation habe sie "nach bestem Wissen und Gewissen" angefertigt.

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  • dpa

Bundesbildungs- und Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) wehrt sich gegen den anonymen Vorwurf von Plagiaten in ihrer Doktorarbeit. In einem Web-Blog namens schavanplag werden dazu zahlreiche Stellen aus ihrer Dissertation vor 32 Jahren aufgeführt – sie soll Quellen nicht immer ausreichend benannt haben. Anders als bei früheren Plagiatsvorwürfen gegen Politiker – etwa im Fall des zurückgetretenen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) – geht es bei den anonymen Vorhaltungen gegen Schavan nicht um die Übernahme kompletter Textstellen aus anderen Veröffentlichungen. Vorgeworfen wird Schavan vor allem, Quellen nicht vollständig aufgelistet und zum Teil auch "verschleiert" zu haben.

Bei dem Blog, der am vergangenen Sonntag eingestellt wurde, geht es auch um wissenschaftliche Standardfragen – etwa wie weit Schavan eigene Gedanken und eigenen Erkenntnisgewinn früheren Ausführungen anderer Autoren zum Thema entlehnt hat, ohne dies exakt auszuweisen. So gibt es unter anderem inhaltliche Textvergleiche zwischen ihren Ausführungen und denen des Bonner Moraltheologen Franz Böckle – ohne Quellenhinweis. Böckle war allerdings Zweitgutachter bei Schavans Dissertation.

Schavan ist stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und seit 2005 Bundesministerin für Bildung und Forschung. Zuvor war sie Kultusministerin in Baden-Württemberg. Seit dem Wintersemester 2009/2010 hat sie eine Honorarprofessur an der FU Berlin und bietet Lehrveranstaltungen im Fach Katholische Theologie an. "schavanplag" hat sich die Arbeit "Person und Gewissen – Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung" vorgenommen, mit der Schavan 1980 an der Universität Düsseldorf den Doktortitel mit der Note "magna cum laude" im Fach Erziehungswissenschaften erwarb.

Schavan sagte der Süddeutschen Zeitung: "Ich habe mein Thema damals sehr genau bearbeitet." Ihre Dissertation habe sie "nach bestem Wissen und Gewissen" angefertigt. Für die Arbeit mit Quellen habe sie einen Zettelkasten verwendet, den sie noch heute besitze. Man könne nie ausschließen, dass ähnliche Gedanken oder Formulierungen auch in anderen Werken stünden.

Annette Schavan

(Bild: Bundesministerium für Bildung und Forschung)

Schavan forderte den oder die Autoren des Blogs am Mittwoch in Berlin auf, sich zu erkennen zu geben. Zugleich versicherte sie, aufklären zu wollen. Schavan: "Ich habe heute diese entsprechende Seite mir angeschaut, es ist eine anonyme Seite, deshalb ist meine erste Antwort: Wer sich mit meiner Dissertation beschäftigt hat, mit dem bin ich gerne bereit, über diese Dissertation zu sprechen, über das Zustandekommen." Sie gebe gerne jedem Rechenschaft über die Quellen, versicherte Schavan. "Mit anonymen Vorwürfen kann man schwerlich umgehen", betonte die Ministerin.

Die Promotionskommission der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf will die Plagiatsvorwürfe prüfen. Das Gremium werde kommende Woche seine Arbeit aufnehmen, so ein Uni-Sprecher. "Das in solchen Fällen übliche Verfahren entspricht auch der Bitte von Frau Professor Schavan." Wie lange die Prüfung dauert, sei offen.

Das Weblog wurde auf der US-Plattform wordpress.com anonym eingestellt. Eine Ermittlung des Urhebers ist aus Expertensicht nur bei schwersten strafrechtlich relevanten Vorwürfen möglich. Die dpa wie auch andere Medien waren am Mittwochmorgen per Fax auf die Internetseite hingewiesen worden. Als Absender war ein "Robert Schmidt" angegeben – allerdings ohne Faxkennung oder Rückruf- und Kontaktmöglichkeiten.

Update: Schavans Arbeit war auch im Visier der Plagiate-Plattform VroniPlag. Allerdings hat sich diese nach eigenen Angaben gegen eine Veröffentlichung der Plagiatsvorwürfe entschieden. VroniPlag-Gründer Martin Heidingsfelder sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: "VroniPlag hat bereits seit einigen Wochen an dem Fall Schavan gearbeitet, dann aber entschieden, ihn nicht zu publizieren."

Offenbar seien Umfang und Schwere der Vorwürfe noch nicht mit den ganz schweren Plagiaten zu vergleichen, sagte Heidingsfelder. "Einige Stellen in Frau Schavans Arbeit sind aus meiner Sicht ganz klar Plagiate, aber insgesamt handelt es sich um keinen zweiten Fall Guttenberg." Heidingsfelder forderte Schavan auf, sich der Diskussion um ihre Promotion zu stellen. Er lobte die Veröffentlichung der Vorwürfe durch einen anonymen Verfasser als sehr mutig. "Sich öffentlich zu outen, kann ich niemandem empfehlen." (anw)